https://www.zeit.de/kultur/2020-07/iden ... gsfreiheit
Der Artikel mag, allein wenn man die Überschrift liest, etwas provokant sein, aber er trifft m. E. in vielen Dingen den Nagel auf den Kopf, was bei bedeutenden Teilen der heutigen Linken falsch läuft. Sie wurden aus meiner Sicht schlicht und einfach vom kapitalistischen System assimiliert und sind nicht mehr systemkritisch, sondern vielmehr Unterstützer des Systems. In ihrer eingebildeten moralischen Überheblichkeit und ihrem Mangel an Selbstreflexion merken sie jedoch gar nicht, dass sie eigentlich nur benutzt werden. Der Autor beschreibt es finde ich ziemlich treffend mit den folgenden Stellen:
"Schlimmer als schlimm ist, dass sie sich immer noch widerständig und "alternativ" fühlen, obwohl sie längst einem kulturell tonangebenden Milieu angehören."
"Die linken Spießer begegnen allen unsensibel scherzenden oder gar andersdenkenden Zeitgenossen mit offener Verachtung, beweisen aber eine hohe Sensibilität, sobald man ihre eigene progressive Rolle in Zweifel zieht."
"Dass heute die AfD bei manchen Wahlen mehr Arbeiter-Stimmen erhält als jede andere Partei, ist in jedem Fall auch ein trauriges Zeugnis für die naserümpfende, spießig gewordene Linke, die in ihren schlechtesten Momenten zugleich den Eindruck erweckt, einen Klassenkampf "von oben" zu betreiben: eine Rebellion der tadellosen Vier-Zimmer-Altbau-Bourgeoisie gegen das schrecklich vulgäre, unaufgeklärte und politisch unkorrekte Proletariat."
Im Gegensatz zur Bezeichnung "linke Spießer" des Autors finde ich allerdings die Bezeichnung "Systemlinke" noch wesentlich treffender für diesen m. E. systemkonformen Ist-Zustand von bedeutenden Teilen der heutigen, vermeintlichen Linken.
Es begeistert mich ja fast, dass ein derartiger Beitrag überhaupt noch bei ZEIT-Online erscheint, wo üblicherweise Artikel erscheinen, die genau dem vom Autor beschriebenen Bild entsprechen
