ZukunftUtopien

Perspektiven, Visionen und Konzepte für eine zukünftige Welt (z. B. Gesellschaft, Wirtschaft, Demokratie etc.)

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Benutzer 54 gelöscht

Utopien

Beitrag von Benutzer 54 gelöscht »

Ich möchte auf ein Büchlein mit dem Titel "bolo´bolo" des Schweizers Hans Widmer aufmerksam machen, das er unter dem Pseudonym p.m. veröffentlicht hat.
In dem schmalen Band entwickelt er, nach einer Kritik an der "planetarischen Arbeitsmaschine", eine Utopie für den Planeten. Diese könnte man grob so zusammenfassen: Die Grenzen der Nationalstaaten haben sich ersatzlos aufgelöst. Die Menschen finden sich zu Gemeinschaften von etwa 500 Leuten zusammen, die weitgehend autark und darüber hinaus völlig selbstbestimmt sind. Jede Gemeinschaft entscheidet für sich über die Art ihres Zusammenlebens. Niemand ist an eine Gemeinschaft gebunden, sondern kann sich frei aussuchen, wo sie oder er leben möchte. Gastfreundschaft ist ein ganz wichtiges Prinzip. Die Städte lösen sich nicht auf, sondern unterteilen sich in 500er-Gemeinschaften. Eine solche Gemeinschaft heißt "bolo", und der Titel des Buches, "bolo´bolo" stellt den Plural des Wortes dar. Dazu muss man vielleicht sagen, dass Widmer Philologe ist und für seine Utopie ein Grundvokabular in einer Fantasiesprache erdacht hat. Das wirkt auf den ersten Blick sicher ein wenig überraschend, könnte aber zu einem neuen Denken einladen: Als Beispiel dafür nennt er sein neues Wort für Mensch, nämlich "ibu". Wer über Konzepte zwischenmenschlichen Zusammenlebens nachdenkt, wird mit großer Wahrscheinlichkeit mit der Frage konfrontiert, ob der Mensch von Natur aus gut oder böse ist, und gleichzeitig mit Theorien zu dieser Frage, die Jahrhunderte oder Jahrtausende alt sind. Also ein ganz schönes Gewicht haben. Aber ein ibu schert sich vielleicht nicht um diese Fragen, weil es viel zu sehr damit beschäftigt ist, eine neue Welt zu bauen und viele praktische Probleme zu lösen... :-)
Die Gemeinschaften treiben Handel, indem sie Naturalien und Dienstleistungen tauschen. Geld ist abgeschafft. Auch Schulen, an denen normiertes Wissen gelehrt wird, gibt es nicht mehr. Jedes ibu lernt in seiner Dorfgemeinschaft, und selbstverständlich können sich Schulen bilden, an denen Spezialisten eines Fachs ihr Wissen weitergeben, aber das sind völlig freie Entwicklungen. Alles Privateigentum passt in einen Koffer einer bestimmten Größe. Jedes ibu bringt sich im Zusammenleben ein. Die Überschaubarkeit eines bolo beugt, so darf man hoffen, lebensfeindlichen Auswüchsen, wie sie im Kapitalismus gang und gäbe sind, vor. Konsum, wie er im Kapitalismus gepredigt wird, wird keine Rolle mehr spielen, das aber bedeutet nicht rüden Verzicht, wie man uns permanent weiszumachen sucht, sondern im Gegenteil weniger Plackerei und damit mehr Genuss und Lebensfreude, da stimme ich Widmer ganz und gar zu,
Das ist nur ein kleiner Ausschnitt aus den Ideen, die Widmer entwickelt. Und er beschreibt auch eine Strategie, die zum Sieg über den Kapitalismus führen soll. Es sei Zeit für ein gemeinsames planetarisches Projekt. Seine eigenen Ideen versteht er lediglich als einen Vorschlag, da er um die Lebendigkeit und Prozesshaftigkeit von Entwicklungen weiß. Es geht um Gemeinschaft, Freiheit und Vielfalt. Übrigens war Widmer der Meinung, dass seine Vision bis 1987 verwirklicht sein könnte ... :-) (1983 hat er sie entworfen)
Ich empfand die Lektüre dieser Utopie als sehr wohltuend, besonders weil Widmer so gänzlich aus der vorherrschenden Denke aussteigt (bis hin zur Sprache) und sich eine Weltgemeinschaft erdenkt, die sich am Menschen und seinen Bedürfnissen orientiert.
An dieser Stelle ein Dankeschön an Willi, der ein Kapitel Visionen und Zukunft angeregt hat. Ich halte es auch für sehr wichtig, dass wir in dieser Richtung weiterdenken...


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Benutzer 51 gelöscht

Re: Utopien

Beitrag von Benutzer 51 gelöscht »

Alles Privateigentum passt in einen Koffer einer bestimmten Größe.
Ich glaube, da gibt es noch Denkfehler.


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Benutzer 54 gelöscht

Re: Utopien

Beitrag von Benutzer 54 gelöscht »

Ich weiß nicht, worauf du hinauswillst.


willi uebelherr
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Re: Utopien

Beitrag von willi uebelherr »

Liebe [mention]Ilse[/mention], danke fuer diesen hinweis zu bolo bolo. Viele jahre ist es her, dass ich es gelesen habe, und beim durchlesen deines textes kam der wunsch auf, es wieder zu lesen, heute, mit etwas anderen augen.

Und meinen grossen dank fuer die unterstuetzung des themenbereichs "Zukunft: Perspektiven und Visionen". Das passt ja hervorragend zum thema "bolo bolo". Als Utopie sehe ich es nicht, sondern eher als Vision. Ich bin ueberzeugt, dass der wesentliche teil einer Zukunftsperspektive die raikale dezentralisierung ist, das sich dann in hoch-selbstaendigen gemeinden, den bolo bolo, ausdrueckt. Es war fuer mich der kerngedanke in dieser schrift.

Franz Nahrada aus Wien hat auf dieser grundlage das projekt "globale Doerfer" initiiert und mitgetragen. Heute arbeitet er auch fuer das projekt "Dorf-Uni", also Uni ein Dorf und Dorf eine Uni. Ich finde das sehr gut und es korreliert sehr positiv mit dem "globalen Netzwerk fuer freie Technologie", das ja auch sehr mit "bolo bolo" in verbindung steht.

Auch Hans ([mention]HCGuth[/mention]) steht diesen gedanken sehr nahe. Ich denke, dass die Zerfaserung von Aufstehen viel mit dem Mangel an Zukunftsperspektiven zusammen haengt. Und bei Widerstand2020 wird es auch entscheidend sein. Das gute dort ist, dass sie es als aufgbe der mitglieder betrachten, der Partei eine programmatische Grundlage zu geben.


Moira
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Re: Utopien

Beitrag von Moira »

Utopien oder Visionen sind super. Da muss ich spontan an Aldous Huxley und sein Buch „Eiland“ denken. Lange ist es her, das ich es gelesen habe, was ich aber erinnere ist, das jeder Mensch auf dieser Insel jeden Job im Wechsel machen muss (ich glaube es wahr halbjährlich). Dadurch gibt es keine sozialen und monetären Unterschiede aufgrund von Tätigkeiten, keine Klassen aufgrund von Bildung. Ich erinnere nicht mehr, welche Lösung er für Tätigkeiten wie Heilkunde hatte. Ich fand es damals sehr spannend.
Die Idee meiner VorrednerInnen (das Buch kenne ich nicht) erinnert mich an die Kibbuzen. Und an die Anastasia Bewegung, die ja auch kleine Organisationsformen favorisiert, wobei eher in familiären Größen. Das ist wohl der weite Russlands geschuldet....

Auf jeden Fall regt mich das an, ich werde mir wohl in den nächsten Wochen Gedanken zu meiner Utopie/Vision von Gesellschaft machen.

Liebe Grüße Moira


willi uebelherr
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Re: Utopien

Beitrag von willi uebelherr »

Liebe [mention]Moira[/mention], erstmal herzlichst willkommen. Du hast einen wunderschoenen namen, der mir voellig fremd ist.

Diese schrift "Eiland" kenne ich nicht. Zu dem, was du schreibst, den halbjaehrlichen wechsel der taetigkeiten, bin ich sehr skeptisch. Formal funktioniert es nicht. Alle taetigkeiten setzen eine vorbereitung voraus. Innerhalb eines bereichs mag es gehen.

Die hauptproblematik ist die aufloesung von hand- und kopfarbeit. Alle unsere taetigkeiten setzen ein tiefes theoretisches verstaendnis und eine tiefe praktische erfahrung voraus. Und diese beiden sphaeren muessen wir immer zusammen denken.

Bei Heilkunde liegt es ja offen auf der hand. Ebenso in der landwirtschaft, im Handwerk und in der Technik. Ich kenne keinen bereich, wo wir ohne vorbereitung taetig werden koennen.


Moira
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Re: Utopien

Beitrag von Moira »

Danke lieber [mention]willi uebelherr[/mention] für die Blumen. Den Namen habe ich mir selber gewählt....

Ich erinnere mich leider nicht mehr, Huxley hatte bestimmt eine Lösung dafür. Wenn es mir in die Hände fällt, lese ich es nochmal.....dann mehr dazu...

Liebe Grüße Moira


Themenersteller
Benutzer 51 gelöscht

Re: Utopien

Beitrag von Benutzer 51 gelöscht »

...der Japaner hat gesagt, man braucht 15 Jahre Erfahrung, bis man den Fisch für das Souchi richtig schneiden kann.
Im hurtigen Wechsel der Personen würde sowas dann nicht klappen.
Naja, ich esse eh keinen rohen Fisch.


Moira
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Re: Utopien

Beitrag von Moira »

Lieber [mention]Ralf[/mention] ,

ich esse gerne Fisch, gekocht/roh egal, und vorallem ich mache gerne Soushi zuhause. Mag sein, das ein gerolltes Sushi nach 15 Jahren Erfahrung ein echtes Meisterstück ist. Am Ende wird es aber auch nur gegessen. :D


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Benutzer 51 gelöscht

Re: Utopien

Beitrag von Benutzer 51 gelöscht »

Ich wollte damit sagen, daß man für manche Tätigkeiten längere Erfahrung / Übung braucht.
Das kann dann nicht Jeder im Wechsel.

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