HCGuth hat geschrieben: ↑21.07.2020, 12:34
Warum ist die gegenwärtige Gesellschaftsorganisation weltweit so alternativlos? [...]Aber doch vor allem, weil sie so alternativlos sind
Häh? Ich habs abgeändert in: "Aber doch vor allem, weil es derzeit keine irgend leistungsfähige Alternative zu geben scheint für: Den globalisierten Kapitalismus; den demokratisch-parlamentarischen Rechts- und, naja, Sozialstaat."
zentrale Inhalt
ist was unserer
inkludiert wen?Kultur, technischer Fortschritt um (beinah) jeden Preis, nicht verwaltbar und organisierbar wäre (es bestünde für einzelne kein Motiv, sich daran zu beteiligen, ohne Gewinnaussicht
konstatierst du nun für wen?; Information über Produktionszusammenhänge, Knappheiten und entsprechende Allokationseffekte usw können angeblich anders als über Geld/Kredit, Preise, am Markt erworbene Zahlungsfähigkeiten usw nicht gesellschaftlich allgemeinwohldienlich bearbeitet werden - so die Legitimation des globalisierten Systems).
Kapitalismus und ALLE Begleiterscheinungen (der ihn verwaltende Staat ist eine solche) werden IM KERN gerechtfertigt darüber, dass dadurch dieser technische Fortschritt auf die einzig mögliche Weise, arbeitsteilig, privatwirtschaftlich, vorangetrieben werden kann.
Bis hierher unbelegt und unkritisch nur nachgekaut, was "System" in Selbsterhaltingstrieb vorkautStimmt. Daran sollte hier nur kurz erinnert werden: Wie die übliche Legitimation des Systems lautet. "Wir alle" sind inkludiert, insofern wiruns leider aus diesem System derzeit nicht besonders erfolgreich ausklinken können. Wenige MACHEN das system, erheblich mehr BEFÜRWORTEN es immerhin (noch); der Rest ist mehr oder weniger von Auswirkungen betroffen, ohne was dagegen tun zu könne oder zu wollen.
Blosse Subsistenzwirtschaft, wie willi sie vorschlägt,
tut er das?ich nehme den Begrif wesentlich so: Einrichtung auf einem gewünschten Niveau, ohne wesentliche Überschüsse für irgendeine Entwicklungsdynamik, also so im Sinn von "einfache Reproduktion" bei Marx erscheint demgegenüber wie eine irre Schubumkehr bezüglich des seit langem historisch eingeschlagenen Kurses.
Die Befürworter dieses Kurses, die ihn nicht wesentlich korrigieren wollen
behauptet wer? Indizien für eine Gegenbehauptung? Hier geht es um Technologie und weltweites Produzieren auf industrieller Basis, argumentieren: dass nur noch mehr Technik die schon eingetretenen Technikfolgen beherrschbar machen. Und obwohl sich das nach rasendem Stillstand anhört, bringt das vor allem ihren ungebrochenen Glauben zum Ausdruck, dass Technik-Fortschritt AN SICH, möglichst schnell, unter Verwendung der zuletzt erarbeiteten Fortschritte, unerlässlich ist. Die Bewältigbarkeit aller unerwünschten Nebenwirkungen auf Dauer ist da nur ein Unterpunkt dessen, was da eigentlich angestrebt wird, nämlich die Bewältigbarkeit von ÜBERHAUPT ALLEM. Unendlich viel mehr als "Subsistenz" jedenfalls.
Behauptungen, die Paradoxen konstruierenDas zentrale Paradoxon lautet: Nur NOCH fortgeschrittenere Technik kann uns helfen, die Folgen bereits vorhandener Technik in den Griff zu bekommen. Die Frage,ob Weniger Mehr (gewesen) sein könnte, wird da nie gestellt.
Diesem durch und durch selbstgewissen Projekt treten nun alternative solche Projekte gegenüber, die es begrenzen, stoppen oder in etwas anderes überführen wollen:
1. Ökomodernismus: das ist das Programm, "Wachstum" und "Naturverbrauch" zu entkoppeln, indem die Schnittstellen mit technisch beherrschten Natur-Prozessen aus der Kulturlandschaft in eine komplett technisch dominierte Metropolen-Umgebung (Megastädte) verlegt wird (Hochhäuser mit Nutzpflanzenkulturen auf Kunstsubstraten unter technisch maximal kontrollierten Innenraum-Bedingungen, künstl. Beleuchtung, Atmosphäre usw), die Kulturlandschaft hingegen wird aufgegeben und soll wieder "Wildnis" werden.
2. Postwachstumsökonomie: Einfrieren des Wachstums auf dem erreichten Stand, der ja erhebliche Überschuss-Kapazitäten in sich enthält, und hochselektive Nutzung dieser Überschüsse für ausgewählte Zwecke (dann wohl eher politisch bestimmt als über Märkte);
3. Degrowth: Absenken des Produktionsniveaus auf ein früher bereits erreichtes Niveau, das dann aber weltweit das gleiche wäre;
4. Radikalökologischer Umbau der Industrie- zu einer komplett nachhaltigen und weitgehend störungsfrei in eine natur-analog eingerichtete, artenreiche Kulturlandschaft eingebetteten, raffinierten low tech-Reproduktion (bei Vorhaltung von Hightech Kapazitäten aller Art, um sie bei Bedarf wieder hochfahren zu können). (Darin sind vorausgehende Reparatur- und Risiko-Minimierungs-Massnahmen sowie solche zur Gleichverteilung von Produktions- und Lebenschancen weltweit mitenthalten.)
Ich glaube, dass die eigentlichen Auseinanderseztungen um diese Orientierungen geführt werden, und die unterschiedlichen Antworten, die Bevölkerungsgruppen auf die Frage "wie wollen wir leben?" in dieser Hinsicht geben. Viele Menschen aus der "alternativen" Szene machen sich nicht bewusst, dass ihre je eigene Präferenzen keineswegs von allen ihren Mitstreitern geteilt werden - es wird dort auch kaum je darüber gesprochen, weil alle Probleme vermeintlich einzig aus der Sozialorganisation
was soll das sein?die ProduktionsVERHÄLTNISSE, ohne den erreichten Stand der Produktivkräfte in betracht zu ziehen selbst entstehen.
Das ist ein fundamentaler Irrtum.
Eine der wichtigsten allgemein gültigen Erkenntnisse, die durch Marx in die Welt gekommen sind, ist: dass epochale Produktionseinrichtung, spätestens seit der Moderne (und im grossen ganzen auch schon während der gesamten Zivilisationsgeschichte) und der mit ihr womöglich eingeschlagene "Fortschrittspfad" ANFORDERUNGEN an die mehr oder weniger arbeitsteilige Kooperation stellt, mit deren Hilfe diese Produktion auf dem erreichten Stand einzig weiterentwickelt oder eben auch schon bloss reproduziert werden muss und kann.
Alternativlosigkeit mit Marx begründet?manKANN Marx zT so lesen; aber in jedem Fall muss und sollte man ihn so lesen, wie iches paraphrasiere: Produktionsverhältnisse können nicht ienfach beliebig abgeändert werden, wenn zugleich von hinreichend vielen Beteiligten ein bestimmtes Niveau an Arbeitsteilung usw gewünscht/befürwortet wird.
((Was Marx und die, die ihm folgten, nicht beachtet haben, ist: dass diese Produktions-Einrichtungen und Fortschritts-Orientierungen ihrerseits eine recht strikte Epochengliederung aufweisen, die den Grund abgibt entsprechend erzwungene epochale Änderungen der "Produktionsverhältnisse" (eventuell historisch in längeren Unterpeochen, da hat alles immer viel länger gedauert, was mittlerweile enorm komplex und zugleich beschleunigt ist).
Ob die Produktion und die Dynamik ihrer weiteren Entwicklung aufgrund bewusst geplant eingerichtet wurde, oder ob sie (einmal eingerichtet) "naturwüchsig" sich selbst irgendwohin bewegt, ist für diesen Satz erstmal gleichgültig. Sobald es eine solche Produktion und Dynamik
?solche Einrichtung?habs abgeändert gibt, lässt sie Freiheiten zur Gestaltung der sie realisierenden gesellschaftlichen Kooperationsform zu - oder schränkt diese Freiheiten mehr oder weniger dramatisch ein.
((Während Fortschritts-Enthusiasten aufseiten der radikalen Linken sich von Technik einen Übergang vom Reich derNotwendigkeit in das der Freiheit erwarten, sehen wir das heute vielleicht nüchterner: was an "Produktivkräften" zuwächst, will erstmal in eine immer komplexere (vgl hierzu zBJ oseph Tainter) Produktions-Architektur eingebaut sein, um überhaupt (re)produktiv genutzt werden zu können. Und das... stellt sich derzeit alles andre als "befreiend" dar...)
Ich sage voraus: Die entscheidenden Auseinandersetzungen dieses Jahrhunderts werden um die Frage der zu wählenden Fortschrittsrichtung geführt werden; wir können von Glück sagen, wenn es darüber nicht noch zu weltweiten Bürgerkriegen kommt.
So wie zuvor bereits über die Frage der zu wählenden Gesellschaftsform, deren Beantwortung durch Teile der Weltbevölkerung
wohl eher der Herrschenden ZUM TEIL zumindest eben auch Konfessions-artige Züge
weil Demokratie nicht verstanden wird und Privilegien / Eigentum erhalten werden soll angenommen hat.
Es ist von extremer Wichtigkeit, dass in Zukunft JEDE politische Bewegung oder Partei, die programmatische Aussagen macht zur Frage der von ihr befürworteten oder abgelehnten Vergesellschaftungsform, mit angibt, welchen Anforderungen vonseiten des gewählten Produktions- und Fortschrittsmodells man mit dieser Form glaubt organisierend gerecht werden zu müssen/können.
Der radikalökologische Umbau der industriellen Produktions-Architektur, den zb ICH befürworte, ist ein extrem komplexes Unternehmen; es stellt höchste Ansprüche an die innere Verständigung und kollektive Lernfähigkeit wie- Bereitschaft der Bevölkerungsgruppen, die sich ihm widmen.
eine neue Form der Elitenherrschaft über die, die es nicht raffen?oh nein, genau umgekehrt: das Wesentliche daran müssen ALLE raffen, wenn es gelingen soll; und "raffen" steht hier für eine menge an Einsichten und Verhaltensweisen, die niemals erzwungen werden können, sondern nur zwangfrei vermittelt. Eine radikalökologische Produktionsweise ist anders als herrschaftsfrei nicht möglich, weil sie viel zu sehr auf Wissen um und Beobachtung und Beachtung von Zusammenhängen beruht - und zwar vor allem lokal, da wo man in die Biosphäre eingebettet produziert.
Ich weise zum Schluss meines Beitrags nochmal auf die Möglichkeit, dass wir uU Verfassungen für die weitere politische Organisation der Weltgesellschaft finden müssen, in denen Befürworter verschiedener Konzepte der Wirtschafts- (uU auch der der Staats-)Organisation
so friedlich und ohne sich zu stören nebeneinander her existieren auf demselben Territorium immerhin eine neue Komponente: Abkehr vom Eigentum , wie heute die Angehörigen verschiedener religiöser Bekenntnisse.
Der Gedanke dürfte angesichst der Glaubenskriege des 20.Jahrhunderts über das "richtige" Wirtschaftssystem ähnlich ungewöhnlich wirken wie der aufklärerische der Religionsfreiheit angesichts der zumindest teilweise konfessionell motivierten Kriege des europäischen 17.Jahrhunderts.
Auch hier wird die Freiheit zu solchen Differenzen eingeschränkt durch die Komplexität des letztlich massgeblichen Produktions- und Fortschrittsprogramms.
maßgebliche Programme? Wer sollte diese verantworten? Und wer solche fordert oder implementiert, limitiert also die Freiheit zu Differenzen? Dann sind diese Programme der Herrschaft zurückzuweisen, sofern sie kein "nicht störendes Nebeneinander" erlauben Und darüber... kann vermutlich auf Dauer nicht durch Verteilung der Ressourcen unter die verschiedenen Glaubensrichtungen entschieden werden. Dieser Konflikt muss wohl wirklich ausgetragen werden.
"Glaubensrichtungen" diskreditiert frei gewählte Verfasstheiten von Gemeinschaften. Wenn friedliche Koexistenz (nichtstörendes Nebeneinander) oberstes Prinzip ZWISCHEN Gemeinschaften ist, dann unterliegen diesem auch Verhandlungen. Das sehe ich nicht als Konflikte, immer davon ausgehend, dass von Herrschafts- und Übernahmebestrebungen von freien Menschen über andere Menschen als so illegitim anerkannt werden, wie sie sind, was unter deiner vorgenannten Prämisse der Abkehr von Eigentum nur logisch ist