HCGuthFragen an willi (und alle)

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HCGuth
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Fragen an willi (und alle)

Beitrag von HCGuth »

Hallo Willi,

warum greifst du mich an?
Alles, was ich schreibe, dreht sich doch um DEIN Zentralthema, die Frage: Wie wollen wir leben? Allerdings gibts da einen wichitgen Unterpunkt, und das ist die Frage: Wie KÖNNEN wir überhaupt leben?

Und in DEM Zusammenhang beantwortest du immerzu die entscheidenden Fragen nicht (oder sind sie nicht entscheidend? Wenn du so denkst, begründe das doch bitte mal, du bist oft genug gefragt worden!):

1. Welche Art Ökonomie soll die stabile regionale Erhaltung der Lebensgrundlagen sein? Welche technologische Ausstattung soll sie haben? Wie ökologisch oder wie Hightech-orientiert? Mit wieviel Aufwand soll zb Energie gewonnen werden - oder soll eher Energie eingespart werden? Wie gross kann/muss/soll eine "Region" sein? Wie komplett die Autarkie?

2. Wenn und soweit die regionale Ökonomie mit Industriegütern arbeitet - wie dezentral und redundant sollen die dann produziert werden?

3. Wieviel und welche Produkte aus der gegenwärtigen weltweiten Industrie-Kapazität sollen den regionalen Ökonomien zufliessen, damit sie sich vor Ort weiterhelfen können? Welche dieser Industrien sollen und/oder müssen für welche Zwecke bestehen bleiben?

4. Wie verhalten sich die Bevölkerungsteile, die diese Entwicklung befürworten, zu denen, die das nicht tun?

anders gefragt:

1'. Wie hohen technologischen und/oder ökologischen Ansprüchen soll/kann die angestrebte Ökonomie genügen?

2'. Wie zentral muss, und wie dezentral kann, mit welchem Anfangs- oder Dauer-aufwand, die lokale Ökonomie weltweit eingerichtet werden?

3'. Aus 1' und 2' ergeben sich Anforderungen an Start- und dauerhafte Reproduktions-Bedingungen: die Strategien für den Übergang zwischen dem gegenwärtigen und dem erwünschten Zielzustand werden komplexer. Wie kompliziert dürfen die werden, um noch bewältigbar zu sein? Wie kompliziert MÜSSEN sie sein, damit die Regionen sich ab dann selbst auf das gewünschte stabile regionale Niveau hocharbeiten können?

4'. Bedarf es garkeiner Beachtung der Welt-Bevölkerungsteile, die anderes wollen? Andere Produktionsziele, andere politische Organisation? Wie gut muss dieses Verhältnis von denen beherrscht werden, die sich im Bezug auf 1-3 einig sind, damit sie mit ihrer Produktion anfangen können?

Noch anders gesagt: wir haben es zu tun mit Aufwand, der getrieben werden muss, mit Verzögerungen, und mit Zielkonflikten (im folgenden dargestellt durch das "und/oder") , die dabei entstehen.

Welche Anspruchsniveaus wollen wir:

TECHNISCH und/oder ÖKOLOGISCH ?

REDUNDANZ/DEZENTRALITÄT BZW AUSMASS DER REGIONALISIERUNG und/oder PRODUKTIVITÄT (Geschwindigkeit, Einfachheit...), die dabei angewndet oder erzielt werden soll ?

ZENTRALE KOLLEKTIVE VERWALTUNG DES ÜBERGANGS und/oder ABRUPTER REGIONALER NEUANFANG ?

POLITISCHE ORGANISATION und/oder ZERSPLITTERUNG ?

Zu beachten ist, dass die Antworten auf die Fragen von oben nach unten einander bedingen:

Nur wenn die Antwort auf die vorangehende Frage vorliegt, kann die Anschlussfrage sinnvoll beantwortet werden.

=========================================================================
Vorläufiger Kommentar zu den Fragen:
Die Leute, die hier über Politik und politische Organisation nachdenken, haben entweder eine klare Vorstellung davon, welche Art Produktion und Wirtschaftsweise (Ökonomie) organisiert werden soll; oder aber, was ebenso häufig vorkommt, sie haben sich die Frage danach nie gestellt.
Entweder aus Nachlässigkeit. Oder aber aus einem vermeintlich guten Grund: Erstmal müsse man sich doch wohl die "gesellschaftliche" Verfügung über die Produktion verschaffen. Was unzweifelhaft richtig ist. Was in diesem Gedanken aber vergessen ist, das ist die Frage nach dem NIVEAU, auf dem die Produktion in Zukunft verwaltet werden muss; also die Frage nach dem Grad an gesellschaftlicher Verständigtheit, der zur egalitär-kollektiven Verwaltung und Steuerung der gemeinsamen Produktion nötig ist. Wieviel da von allen, die mit-entscheiden, mit-verwalten und mit-denken, gewusst werden muss; und was an Experten und "Ausführungsorgane" abgegeben werden kann. Etwa an "die Wissenschaft"; oder "die Planer".
Wenn es ökologisch zugehen soll, MUSS es extrem regionalisiert aufgebaut werden, weil DORT die "Schnitt"- oder besser: Einbettungsstelle in die Biosphäre angesiedelt ist: Im Gelände, in der Kulturlandschaft, in der wir leben und unsere Nahrung und/oder weitere Naturmaterialien gewinnen.
In der ökologischen Produktionsweise hängt alles mit allem zusammen, und jeder, der daran mitarbeitet, muss darüber bescheid wissen. Da gibts viel zu teilen an Wissen), und wenig aufzuteilen (ausser vielleicht die zu bearbeitende und beobachtende Fläche).
Und die nächste Frage ist: Wieviel Zwängen wir dabei unterliegen; wieviel erstmal NICHT GEHT. Geht Industrieproduktion, geht technischer Fortschritt derzeit ÜBERHAUPT noch zu steigern und auf ein NOCH höheres Niveau zu heben - ist das wünschenswert? Beherrschen wir diesen Fortschritt überhaupt noch auf dem gegebnen (extrem geringen) Grad unserer Verständigtheit, ODER müssen wir, bevor wir an eine Fortsetzung denken dürfen, erstmal GANZ WEIT zurückrudern, reparieren, was wir durch unsere Unbekümmertheit und Voreiligkeit angerichtet haben, und DANN, ein paar hundert Jahre später, nachdem wir unsere biologische Reproduktion und ihre Grundlagen verstanden und zufriedenstellend beherrschen (sofern dies Wort da noch angebracht ist) gelernt haben, wenn wir also uns und dem Planeten wieder Freiräume verschafft haben: DANN können wir nochmal über technologische Aufschwünge nachdenken.
Unsere derzeitige Gesellschaftsorganisation begünstigt Negativ-Selektionen von Entscheidungsbefugten, weil sie insgesamt zu prinitiv ist; allein dass Entscheiden und Wissen in dem aktuellen Ausmass "arbeitsteilig" eingerichtet sein sollen, ist primitiv. Und: es wird den komplexen Anforderungen, die unsere Produktionsweise, und auhch jede Umsteuerung und Umbau, an Koordination und Konsensfindung stellen, nichtmal ansatzweise mehr gerecht.
Die Leute, die hier meinen, dass unsere Vergesellschaftung auf gleich-berechtigtes "Entscheiden" (das sich ja heute zwischen Staat und "Wirtschaft" verteilt) beschränkt - die setzen um Grössenordnungen zu simpel an; so wird man die anstehende Transformation nicht bewältigen. Wir müssen den Lern-,Bildungs-und Wissensverarbeitungsprozess vergesellschaften, kollektiv machen; wir müssen lernen, die Hindernisse wegzuräumen, die an und in den Einzelnen heute, auch den Nachwachsenden, dieser Vergesellschaftung im Wege stehen.
Unsere Theorien hinsichtlich dessen, was Person, Individualität (ihre verschiedenen Facetten), Tradierung, Kultur, Geschichte, aktuelle Vergesellschaftung (als deren Folge) ausmacht, sind VIEL zu primitiv, um den Herausfordrungen gewachsen zu sein, die wir ám Ende der in krisenhafte Fehlentwicklungen fortgeschrittenen Moderne zu bewältigen haben. So erbärmlich unwissend und begriffslos, wie wir das derzeit tun, darf man sich und seinesgleiche nicht mehr gegenübertreten; auch nicht unsern Naturvoraussetzungen, die wir AN UNS zu erkennen haben. Sonst gehen wir wirklich und wahrhaftig unter. Viele erwecken den Eindruck, als hätten sie sich damit schon abgefunden. Wie verlogen. In Wahrheit... hoffen sie auf das übliche Wunder. Bis dahin erklären sie sich für GELÄHMT und ENTMUTIGT, um nicht aktiv werden zu müssen und ihr Leben angemessen zu ändern. Es fängt damit an, dass man sich freie Zeit verschafft. (Schon darum ist Umstieg auf radikalökologisches Produzieren zu erwägen; Industrie und Hochtechnologie stehen im Verdacht, uns mehr Zeit zu kosten, als wir durch sie einsparen.)
Hans Christoph Guth


scilla
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Re: Fragen an willi (und alle)

Beitrag von scilla »

gute Fragen,

für Willi ist bereits die Industrie an Entwicklung zu viel


willi uebelherr
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Re: Fragen an willi (und alle)

Beitrag von willi uebelherr »

Lieber hans ([mention]HCGuth[/mention]),

meine besorgungen habe ich erledigt und nun zeit, dir zu antworten. Ich war ueberrascht, dass du nun deine fragen so konkretisierst. Das ist gut, weil es uns zu unseren wirklichen differenzen hinfuehrt. Den einwurf von @Lotte, du wuerdest die wichtigsten fragen ausblenden, und das sind bei ihr die fragen zur politischen Organisation, lehne ich strikt ab. Weil diese fragen tauchen erst auf, wenn es darum geht, wie wir das tun wollen, was wir tun mussen.

Das "Wie koennen wir leben?" ist fuer mich nicht existent, weil wir vorher gar nicht wissen, was wir alles koennen. Es waere ein gewaltiger irrtum, die heutigen Begrenztheiten als absolute Grenzen zu verstehen. Letztlich ruhen unsere grenzen nur auf den begrenztheiten zur Erkenntnis der Gesetze der Natur, weil nur das unsere einzigste Referenz ist.

Du schreibst, dass deine Fragen in ihrer, deiner, Reihenfolge beantwortet werden muessen. Nur, es fehlt der Vorlauf und muendet so notwendig in die Nebensaechlichkeiten.

Unter 1) fragst du nach einer Art von Oekonomie? Es gibt nur eine Art. Die herstellung der materiellen Lebensgrundlagen fuer Alle, das Wirtschaften. Wir agieren mit der natur, sie gibt uns ihre Substanzen, deren innere Gesetze wir verstehen muessen, um sie anwenden zu koennen. Die Anforderungen kommen von unserem Koerper, der streng den Gesetzen der Natur folgt. Damit haben wir eine klare Referenz.

Wir koennen dies kurz fassen: gutes Wasser, gute Ernaehrung, gute Luft, die 1. und 2. thermische Huelle, also Bekleidung und Haeuser. Ob wir unsere Haeuser in die Erde bauen oder in die Huegel und Berge oder in die freie Luft ist Erkenntnis bedingt, wenn wir die Populationsdichte erstmal weglassen.

Das, was vorher so entscheidend ist, ist unere Betrachtung unserer Existenzbedingungen. Bauen wir uns kopfgeburtige Ueberbauten oder orientieren wir uns an den tatsaechlichen Anforderungen, wie die Natur sie von uns erzwingt. Und, wenn wir uns auf das heute beziehen, welche Spielraeume haben wir da schon. Da ich unsere natuerlichen Existenzbedingungen als Referenz verwende, komme ich sofort zur Schlussfolgerung: Alles, was aus diesem Prinzip nicht ableitbar ist, ist ueberfluessig und nutzlos. Damit sind schon mal die grossen 4 Religionen weg: Geld, Staat, Nation und die Goetter.

Und damit entfaellt auch die private Aneignung gemeinschaftlicher Ressourcen: Wasser, Land, Pflanzen, Pilze, Tiere genauso wie Saatgut und Erde. Wir brauchen das Private nirgends und es dient nur unserer Begrenzung. Wir brauchen auch keine private Reichtumsakkumulation, weil sie nur auf dem Raub an den Gemeinschaften ruht. So betrachtet wird natuerlich unser Handlungsraum gewaltig.

Eine der wichtigsten beschraenkungen fuer uns neben Land- und Wasserraum und dem gesamten Naturraum ist der Raub des Wissens. Gut, Wissen kann nicht geraubt werden, sondern nur eingehegt. Also dem allgemeinen Zugang verschlossen. Auch das lassen wir komplett weg, auch wenn jetzt unser "Dorftrottel" [mention]scilla[/mention] maechtig aufschreit. Aber derer gibt es noch viele andere, die ihren infantilen Egoismus immer noch nicht verlassen haben.

Um welche "Art von Oekonomie" soll es denn nun gehen, wenn die natur uns doch alles vorgibt? Und in deinen Kommentaren sagst du es ja selbst, dass die Realitaet sich immer im lokalen und lokal regionalen abspielt. Und welche beduerfnisse neben den grundlegenden entstehen dann? Wir wissen es nicht, weil wir nur unseren unmittelbaren Raum kennen, in dem wir leben. Und andere den ihren.

Wir koennen aber ein wichtiges Prinzip anwenden: die Erreichung der Subsistenz in unserem lokal/regionalen Raum. Das macht uns hoch unabhaengig, unsere gewuenschte Lebensweise selbst gestalten und bestimmen zu koennen. Aber auch das sind Zielvorstellungen, die aus unserem philosophischen Raum entstehen. Wir koennen allerdings uns hier streng an der Natur orientieren, weil sie selbst hoch dezentraliert auf der Basis "autonomer Subjekte" organisiert ist und auch daraus ihre kraft schoepft.

zu 2) Ich verwende niemals den Begriff "Industriegueter", weil es die nicht gibt. Was es gibt sind Gueter, die nur in speziellen, dafuer vorbereiteten Umgebungen entstehen koennen. Das sind unsere Labore und Werkstaetten, Teil unserer technischen Infrastrukturen, um unsere technischen Hilfsmittel entstehen zu lassen. Mit der Oeffnung des Wissens fuer Alle gibt es keine Notwendigkeit fuer industrielle Konzentrate und Kombinate mehr. Diese Herstellungsraeume verteilen sich dorthin, wo menschen leben, die weitestgehend selbstbestimmt leben wollen.

Es ist immer eine frage des Wollens. Das einzige, was wir tun muessen, ist die Aufloesung der Beschraenkungen.

zu 3) Das koennen wir gar nicht bestimmen, weil es vollstaendig von den menschen im lokalen und regionalen abhaengig ist. Auch hier gilt, die Handlungsraeume wieder oeffnen, die so massiv verschlossen wurden, um dem Privaten seinen Spielplatz zu geben.

zu 4) Zunaechst gehe ich davon aus, dass alle Menschen sich an der herstellung der materiellen lebensgrundlagen beteiligen wollen, sofern sie nicht darauf trainiert werden, die Anforderungen fuer ihre Lebensweise auf die Anderen zu uebertragen, um sich selbst davon zu befreien. Auch da haben wir extrem unterschiedliche Ausgangsbedingungen im Globalen. Mit dem Prinzip der Subsistenz wird es sowieso maximal regionalisiert und lokalisiert.

Entscheidend ist auch hier wie in allen anderen Bereichen die Entstehung von keimzellen fuer eine lokal organisierte Oekonomie mit dem Ziel hoher Unabhaengigkeit. Das Redundanzprinzip gilt sowieso immer im lokalen und regionalen.

Wir sind damit konfrontiert, dass die Menschen mit der Anerkennung kopfgeburtiger systemischer konzentrate in die Enge getrieben wurden und werden und so auch den Blick fuer das Notwendige und Moegliche verlieren. Das ist aber ein Erfahrungsprozess, den wir auch als kinder durchlaufen muessen, um das Vertrauen in unsere eigenen Kraefte wieder zu erlangen.

Hier ende ich erstmal, weil ich davon ausgehe, meine Auffassungen zu deinen fragen dargelegt zu haben. Die Unterpunkte zu 4) sind mir zu hoch spezifisch im regionalen, um sie allgemein aufgreifen zu koennen. Auch mit politischen organisationsfragen will ich mich dabei nicht beschaeftigen. Es geht immer darum, den kern der Anforderungen zu skizzieren und dann den Moeglichkeitsraum zu betrachten.


scilla
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Re: Fragen an willi (und alle)

Beitrag von scilla »

willi uebelherr hat geschrieben:
09.07.2020, 23:06

Um welche "Art von Oekonomie" soll es denn nun gehen, wenn die natur uns doch alles vorgibt? Und in deinen Kommentaren sagst du es ja selbst, dass die Realitaet sich immer im lokalen und lokal regionalen abspielt. Und welche beduerfnisse neben den grundlegenden entstehen dann? Wir wissen es nicht, weil wir nur unseren unmittelbaren Raum kennen, in dem wir leben. Und andere den ihren.

Wir koennen aber ein wichtiges Prinzip anwenden: die Erreichung der Subsistenz in unserem lokal/regionalen Raum. Das macht uns hoch unabhaengig, unsere gewuenschte Lebensweise selbst gestalten und bestimmen zu koennen. Aber auch das sind Zielvorstellungen, die aus unserem philosophischen Raum entstehen. Wir koennen allerdings uns hier streng an der Natur orientieren, weil sie selbst hoch dezentraliert auf der Basis "autonomer Subjekte" organisiert ist und auch daraus ihre kraft schoepft.
die Entwicklung endet bei Dir vorindustriell
das Wort Natur wird auch nicht weiter differenziert

viel Spaß in der Dritten Welt!


scilla
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Re: Fragen an willi (und alle)

Beitrag von scilla »

willi uebelherr hat geschrieben:
10.07.2020, 19:33
@scilla, du bist ein derartiger Volltrottel, wie wir es wohl nur im europaeisch deutsch-sprachigen Raum erwarten koennen. ihr lebt vom Raub und tut so, als haette das etwas mit Entwicklung oder Zivilisation oder vielleicht Kultur zu tun. Aber ausser Kriege und Raubzuege kennt ihr nichts. Unterfuettert mit dem christlichen Schwachsinn.
von mir gibt es nicht nur eine Theorie der postindustriellen Entwicklung
sondern auch eine der geographischen Raumerkenntnis


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HCGuth
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danke

Beitrag von HCGuth »

Danke für die Antworten. Ich bin leider aufgehalten, werde hier aber noch schreiben. Bitte noch etwas Geduld.
Hans Christoph Guth


GesellschDerGleichen
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Re: Fragen an willi (und alle)

Beitrag von GesellschDerGleichen »

scilla hat geschrieben:
10.07.2020, 09:46

die Entwicklung endet bei Dir vorindustriell
das Wort Natur wird auch nicht weiter differenziert

viel Spaß in der Dritten Welt!
Wenn das mal keine Missdeutung ist.
Willi schreibt:
"zu 2) Ich verwende niemals den Begriff "Industriegueter", weil es die nicht gibt. Was es gibt sind Gueter, die nur in speziellen, dafuer vorbereiteten Umgebungen entstehen koennen. Das sind unsere Labore und Werkstaetten, Teil unserer technischen Infrastrukturen, um unsere technischen Hilfsmittel entstehen zu lassen. Mit der Oeffnung des Wissens fuer Alle gibt es keine Notwendigkeit fuer industrielle Konzentrate und Kombinate mehr. Diese Herstellungsraeume verteilen sich dorthin, wo menschen leben, die weitestgehend selbstbestimmt leben wollen."

Damit schließt er "moderne Güter" / über Natur hinausgehende Güter nicht aus, denkt aber dankenswerterweise eine andere Art und Lokalisation der Herstellung.
Wo ist dabei das Problem, die Herstellung dieser Güter anders zu denken? Weil die Industrialisierung, die heute lediglich noch ein einschnürendes, limitierendes Korsett ist, so einen Segen darstellt? Und etwa naturgegeben sei?

Und diesen Tritt "viel Spaß in der dritten Welt" kann ich nur als eine absolute Hybris einschätzen, dass nur eine Art von Welt lwbenswert ist, es womöglich nur diese geben soll, alle Menschen damit zwangsbeglückt werden müssen.
Dieses Gedankengut ist, was in Afrika angefangen wird zurückzuweisen. Und es ist das Gedankengut, was "dritte Welt" als Konstrukt einer unterentwickelten erst entstehen lässt. Na klar, die erste Welt mit ihren Burnouts, Obdachlosen, Mangelernährten, Fragmentierten (Gesellschaften und Individuen), ... ist ja so viel besser. Damit muss man natürlich die als minderwertig konstruierte Welt beglücken.
Da wundert wen, dass "Entwicklungs"hilfe in den "Empfänger"ländern diskreditiert ist?

Martha


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HCGuth
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Antwort an willi (und die anderen)

Beitrag von HCGuth »

Warum ist die gegenwärtige Gesellschaftsorganisation weltweit so alternativlos?
Gewiss darum, weil sie in den Augen mancher einen moralischen Eigenwert haben (zumindest in "ideal" zu denkenden Versionen, von denen man dann gerne (auch grössere) Abstriche macht, als Zugeständnis an unschöne (unschön meist für andre Leute) Realitäten.
Aber doch vor allem, weil es derzeit keine irgend funktionsdtüchtige Alternative zu geben scheint für: Den globalisierten Kapitalismus; den demokratisch-parlamentarischen Rechts- und, naja, Sozialstaat.
Sie sind alternativlos, weil anders der zentrale Inhalt unserer Kultur, technischer Fortschritt um (beinah) jeden Preis, nicht verwaltbar und organisierbar wäre (es bestünde für einzelne kein Motiv, sich daran zu beteiligen, ohne Gewinnaussicht; Information über Produktionszusammenhänge, Knappheiten und entsprechende Allokationseffekte usw können angeblich anders als über Geld/Kredit, Preise, am Markt erworbene Zahlungsfähigkeiten usw nicht gesellschaftlich allgemeinwohldienlich bearbeitet werden - so die Legitimation des globalisierten Systems).

Kapitalismus und ALLE Begleiterscheinungen (der ihn verwaltende Staat ist eine solche) werden IM KERN gerechtfertigt darüber, dass dadurch dieser technische Fortschritt auf die einzig mögliche Weise, arbeitsteilig, privatwirtschaftlich, vorangetrieben werden kann.

Blosse Subsistenzwirtschaft, wie willi sie vorschlägt, erscheint demgegenüber wie eine irre Schubumkehr bezüglich des seit langem historisch eingeschlagenen Kurses.
Die Befürworter dieses Kurses, die ihn nicht wesentlich korrigieren wollen, argumentieren: dass nur noch mehr Technik die schon eingetretenen Technikfolgen beherrschbar machen. Und obwohl sic hdas nach rasendem Stillstand anhört, bringt das vor allem ihren ungebrochenen Glauben zum Ausdruck, dass Technik-Fortschritt AN SICH, möglichst schnell, unter Verwendung der zuletzt erarbeiteten Fortschritte, unerlässlich ist. Die Bewältigbarkeit aller unerwünschten Nebenwirkungen auf Dauer ist da nur ein Unterpunkt dessen, was da eigentlich angestrebt wird, nämlich die Bewältigbarkeit von ÜBERHAUPT ALLEM. Unendlich viel mehr als "Subsistenz" jedenfalls.

Diesem durch und durch selbstgewissen Projekt treten nun alternative gegenüber, die es begrenzen, stoppen oder in etwas anderes überführen wollen:
1. Ökomodernismus: das ist das Programm, "Wachstum" und "Naturverbrauch" zu entkoppeln, indem die Schnittstellen mit technisch beherrschten Natur-Prozessen aus der Kulturlandschaft in eine komplett technisch dominierte Metropolen-Umgebung (Megastädte) verlegt wird (Hochhäuser mit Nutzpflanzenkulturen auf Kunstsubstraten undter technisch maximal kontrolleirten Innenraum-Bedingungen, künstl. Beleuchtung, Atmosphäre usw), die Kulturlandschaft hingegen wird aufgegeben und soll wieder "Wildnis" werden.
2. Postwachstumsökonomie: Einfrieren des Wachstums auf dem erreichten stand, der ja erhebliche Überschuss-Kapazitäten in sich enthält, und hochselektive Nutzung dieser Überschüsse für ausgewählte Zwecke (dann wohl eher politisch bestimmt als über Märkte);
3. Degrowth: Absenken des Produktionsniveaus auf ein früher bereits erreichtes Niveau, das dann aber weltweit das gleiche wäre;
4. Radikalökologischer Umbau der Industrie- in eine komplett nachhaltige und weitgehend störungsfrei in eine natur-analog eingerichtete, artenreiche Kulturlandschaft eingebettete raffinierte low tech-Reproduktion (bei Vorhaltung von Hightech Kapazitäten aller Art, um sie bei bedarf wieder hochfahren zu können). (Darin sind vorausgehende Reparatur- und Risiko-Minimierungs-Massnahmen sowie solche zur Gleichverteilung von Produktions- und Lebenschancen weltweit mitenthalten.)

Ich glaube, dass die eigentlichen Auseinanderseztungen um diese Orientierungen geführt werden, und die unterschiedlichen Antworten, die Bevölkerungsgruppen auf die Frage "wie wollen wir leben?" in dieser Hinsicht geben. Damit ist dann (wie willi durch seine Zuspitzung des Ausdrucks Ökonomie versucht anzudeuten). Viele Menschen aus er "alternativen" Szene machen sic hnicht bewusst, dass ihre je eigene Präferenz keineswegs von allen ihren Mitstreitern geteilt werden - es wird dort auch kaum je darüber gesprochen, weil alle Probleme vermeintlich aus der Sozialorganisation selbst entstehen.

Das ist ein fundamentaler Irrtum.

Eine derwichtigsten allgemein gültigen Erkenntnisse, die Marx in die Welt gekommen sind, ist: dass epochale Produktionseinrichtung, spätestens seit der Moderne (und im grossen ganzen auch schon während der gesamten Zivilisationsgeschichte) und der mit ihr womöglich eingeschlagene "Fortschrittspfad" ANFORDERUNGEN an die mehr oder weniger arbeitsteilige Kooperation stellt, mit deren Hilfe diese Produktion auf dem erreichten stand einzig weiterentwickelt oder eben auch schon bloss reproduziert werden muss und kann.
((Was Marx und die, die ihm folgten, nich tbeachtet haben, ist: dass diese Produktionsein- und Fortschritts-Richtungen ihrersiets eine recht strikte Epochengliederung aufweisen, die den Grund abgibt entsprechend erzwungene epochale Änderungen der "Produktionsverhältnisse" (eventuell historisch in längeren Unterpeochen, da hat alles immer viel länger gedauert, was mittlerweile enorm komplex und zugleich beschleunigt ist).

Ob die Produktion und die Dynamik ihrer weiteren Entwicklung bewusst beschlossen, ob sie "naturwüchsig" sich selbst irgendwohin bewegt, ist für diesen Satz erstmal gleichgültig. Sobald es eine solche Einrichtung gibt, lässt sie Freiheiten zur Gestaltung der sie realisierenden geselslchaftlichen Kooperationsform zu - oder schränkt diese Freiheiten mehr oder weniger dramatisch ein.
((Während Fortschritts-Enthusiasten aufseiten der radikalen Linken sich von Technik einen Übergang vom Reich derNotwendigkeit in das der Freiheit erwarten, sehen wir dasheute vielleicht nüchterner: was an "Produktivkräften" zuwächst, will erstmal in eine immer komplexere (vgl hierzu zBJoseph Tainter) Produktions-Architektur eingebaut sein, um überhaupt (re)produktiv genutzt werden zu können. Und das... stellt sich derzeit alles andre als "befreiend" dar...)

Ich sage voraus: Die entscheidenden Auseinandersetzungen dieses Jahrhunderts werden um die Frage der zu wählenden Fortschrittsrichtung geführt werden; wir können von Glück sagen, wenn es darüber nicht noch zu weltweiten Bürgerkriegen kommt.
So wie zuvor bereits über die Frage der zu wählneden Gesellschaftsform, deren Beantwortung durch Teile derweltbevölkerung ZUM TEIL zumindest eben auch Konfessions-artige Züge angenommen hat.
Es ist von extremer Wichtigkeit, dass in Zukunft JEDE politische Bewegung oder Partei, die programmatische Aussagen macht zur Frage der von ihr befürworteten oder abgelehnten Vergesellschaftungsform, mit angibt, welchen Anforderungen vonseiten des gewählten Produktions- und Fortschrittsmodells man mit dieser Form glaubt organisierend gerecht werden zu müssen/können.

Der radikalökologische Umbau der industriellen Produktions-Architektur, den zb ICH befürworte, ist ein extrem komplexes Unternehmen; es stellt höchste Ansprüche an die innere Verständigung und kollektive Lernfähigkeit wie- Bereitschaft der Bevölkerungsgruppen, die sich ihm widmen.

Ich weise zum Schluss meines Beitrags nochmal auf die Möglichkeit, dass wir uU Verfassungen für die weitere politische Organisation der Weltgesellschaft finden müssen, in denen Befürworter verschiedener Konzepte der Wirtschafts- (uU auch der der Staats-)Organisation so friedlich und ohne sich zu stören nebeneinander her existieren auf demselben territorium, wie heute die Angehörigen verschiedener religiöser Bekenntnisse.
Der Gedanke dürfte angesichst der Glaubenskriege des 20.Jahrhunderts über das "richtige" Wirtschaftssystem ähnlich ungewöhnlich wirken wie der aufklärerische der Religionsfreiheit angesichts der zumindest teilweise konfessionell motivierten Kriege des europäischen 17.Jahrhunderts.
Auch hier wird die Freiheit zu solchen Differenzen eingeschränkt durch die Komplexität des letztlich massgeblichen Produktions- und Fortschrittsprogramms. Und darüber... kann vermutlich auf Dauer nicht durch Verteilung der Ressourcen unter die verschiedenen Glaubensrichtungen entschieden werden. Dieser Konflikt muss wohl wirklich ausgetragen werden.
Hans Christoph Guth


scilla
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Re: Fragen an willi (und alle)

Beitrag von scilla »

GesellschDerGleichen hat geschrieben:
21.07.2020, 10:30
scilla hat geschrieben:
10.07.2020, 09:46

die Entwicklung endet bei Dir vorindustriell
das Wort Natur wird auch nicht weiter differenziert

viel Spaß in der Dritten Welt!
Damit schließt er "moderne Güter" / über Natur hinausgehende Güter nicht aus, denkt aber dankenswerterweise eine andere Art und Lokalisation der Herstellung.
eine andere Art und Lokalisation der Herstellung
erklärt nicht die Entwicklung

die Entwicklung erklärt,
daß jede wirtschaftliche Aktivität neben dem angestrebten Nutzen
auch Nebenwirkungen hat

ist die Umwelt großräumig intakt und dünn besiedelt
(wie in Russland)
werden die Nebenwirkungen geschluckt

ist die Umwelt schwer geschädigt und dicht besiedelt
(wie in Deutschland)
überragen die Nebenwirkungen die erwünschten Wirkungen

in den dicht besiedelten und hoch industrialisierten Volkswirtschaften
muss sich also der Umweltschutz zum quartären Sektor entwickeln

der Umweltschutz schafft Arbeitsplätze,
die sich rechnen,
obwohl die Nebenwirkungen aus monetärer Sicht weitgehend intangibel sind
ein Ökonom weiss nur, daß es sie gibt (bspw. Verschandelung der Landschaft),
aber er weiss nicht, welche Probleme deswegen auftauchen,
die dann letztendlich die Allgemeinheit zu bezahlen hat

dieser sich rechnenden Arbeitsplätze wegen
fährt eine Gesellschaft, welche den Umweltschutz als vierten Sektor akzeptiert,
besser als eine,
welche die intangiblen Kosten im Vorfeld durch Mindestanforderungen (Argumentation der sozial-linken Parteien) minimieren
oder nachträglich aus der Portokasse (Argumentation der liberal-rechten Parteien) begleichen will
3.3. Thesen zum Begriff 'Arbeit'
These 1: Arbeit ist die Gesamtzahl aller Tätigkeiten, die einem Unternehmer zum Profit verhelfen.
These 2: Arbeit umfasst alle gesellschaftlich nützlichen Aktivitäten.

die Anwendung der These 2 ergibt gesellschaftliche Betätigungsfelder
- präindustriell Überliefertes
- Umsetzung der Bevölkerungsexplosion: Massenproduktion
- Entstehung eines weltweiten Marktes: Optimierung der Produktion
- Minimierung der Umweltschädigungen: Umweltschutz
- Umsetzung menschlicher Erfordernisse: Arbeit & Soziales
- Optimierung demokratischer Strukturen: Politik & Recht
- Optimierung der Forschung: Wissenschaft
- Förderung gesellschaftlicher Intelligenz: Kultur

die Anwendung der These 1 ergibt unternehmensabhängige Arbeitsplätze
- [ABER] die entstandenen Marktlücken werden nicht vollständig ausgefüllt
- [ZUDEM] wirtschaftliche Aktivität verursacht nicht nur Gewinn
- [DAHER] Zwang zum Wirtschaftswachtum oder zur Steigerung der Abgabenlast
die ökologische Marktwirtschaft löst die soziale Marktwirtschaft (magisches Viereck incl Wachstum) ab

sowohl Neoliberalismus als auch Planwirtschaft sind ein Verbrechen


GesellschDerGleichen
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Re: Fragen an willi (und alle)

Beitrag von GesellschDerGleichen »

Deiner Verbrechens Behauptung setze ich ein 'Marktwirtschaft ist eine Illusion' entgegen.

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