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Guido
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Schade, dass es Sahra nicht verstanden hat.

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Warum das BSW den Bundestag verpasst hat – eine kritische Analyse

Beitrag von Guido »

Warum das BSW den Bundestag verpasst hat – eine kritische Analyse

Von Thomas Lange


Ich habe lange gezögert, eine kritische Analyse des Wahlergebnisses des BSW zu schreiben – nicht, weil ich die Fehler nicht sehe, sondern weil ich mich nicht als Totengräber der Partei betätigen möchte. Doch der Abstieg in der Wählergunst zeigt, dass eine ehrliche Aufarbeitung dringend nötig ist. In der Debatte darüber sehe ich einige zentrale Punkte bislang zu wenig beleuchtet. Deshalb habe ich mich entschlossen, meine ersten Gedanken dazu niederzuschreiben – nicht als endgültiges Urteil, sondern als Beitrag zur notwendigen Diskussion.

Die Bundestagswahl 2025 hätte für das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) der Durchbruch werden können. Nach einem sehr erfolgreichen Start bei der Europawahl 2024, bei der das BSW aus dem Stand 6,2 % erreichte, hofften viele Unterstützer auf den Einzug in den Bundestag. Überheblich wurde von mindestens zweistelligen Ergebnissen fabuliert, die das BSW sicher auch hätte erreichen können, wenn nicht gar müssen – doch es kam anders. Mit ca. 4,97 % der Stimmen scheiterte die junge Partei letztlich sogar an der Fünf-Prozent-Hürde. Dass am Ende nur 13.400 Stimmen fehlten, macht die Niederlage umso bitterer.

Die Europawahl, die Ergebnisse der Landtags- und Kommunalwahlen sowie auch dieses Ergebnis zeigen deutlich: Das Potenzial für eine politische Alternative zu den etablierten Parteien war zweifellos vorhanden – doch das BSW konnte es nicht ausschöpfen. Die Aufbruchstimmung, der Zuspruch und die Prognosen vom Sommer haben deutlich gemacht, dass es auch viele von den Altparteien enttäuschte Wahlberechtigte gibt, die nicht die AfD wählen wollen. Warum hat das BSW es trotzdem nicht geschafft, diese enttäuschten Wähler dauerhaft an sich zu binden und die Fünf-Prozent-Hürde klar zu überspringen? Welche Fehler wurden gemacht, und was muss sich nun dringend ändern, damit das BSW überhaupt noch eine Chance auf eine politische Zukunft hat?

1. Hohe Motivation, aber Frust durch interne Fehler

Eines muss man klarstellen: Das BSW hat eine extrem engagierte und hochmotivierte Unterstützerschaft. Besonders auf lokaler Ebene haben viele Anhänger unglaublich viel Zeit und Energie investiert, um die Partei voranzubringen. In vielen Städten, etwa in Rostock, haben viele Unterstützer einen großen Teil ihrer Freizeit geopfert und haben sich für das Projekt wirklich aufgeopfert.

Nicht wenige davon sind nun schwer enttäuscht – nicht nur wegen des Wahlergebnisses, sondern auch wegen interner Fehler, die viel Frust aufgestaut haben.

Postengeschachere und Klüngeleien: Schon bei den ersten Listenaufstellungen gab es Unmut darüber, wie die Kandidaten ausgewählt wurden. Einige engagierte Mitglieder fühlten sich übergangen.

Interne Demotivation: Während die Basis sich wirklich aufopferte, entstand der Eindruck, dass die Parteiführung nicht immer mit der gleichen Leidenschaft agierte und nicht einmal neue Mitglieder wollte. Das sorgte für Frust und Demotivation, weil viele Unterstützer nicht den Eindruck hatten, dass ihr Einsatz wirklich wertgeschätzt wird.

Die zentrale Frage: Was hält die Leute noch? Viele, die vor allem für das Thema Frieden gekämpft haben, könnten nun abspringen, weil der Bundestagseinzug nicht geklappt hat. Es ist unklar, ob das Engagement in dieser Intensität noch lange aufrechterhalten werden kann.

Kernproblem: Eine hochmotivierte Basis, die aber durch interne Fehler frustriert wurde.

2. Warum keine Direktkandidaten? Ein strategischer Fehler

Ein weiterer schwerwiegender Fehler der Parteiführung war die Entscheidung, keine Direktkandidaten aufzustellen. Während andere Parteien ihre Kandidaten sichtbar mit Erst- und Zweitstimme präsentierten, war das BSW nur auf der Zweitstimmenliste zu finden.

Viele Beobachter haben diesen Punkt bisher überhaupt nicht analysiert, aber er könnte eine entscheidende Rolle gespielt haben:

• Wähler haben möglicherweise nicht verstanden, dass das BSW „richtig“ antritt. In Deutschland ist das Wahlsystem nicht für jeden einfach durchschaubar. Wenn Wähler keinen Direktkandidaten auf dem Wahlzettel sehen, könnte der Eindruck entstehen, dass die Partei gar nicht vollständig antritt.

• Das BSW hätte durch Direktkandidaten Sichtbarkeit gewonnen. Lokale Direktkandidaten sorgen dafür, dass eine Partei Gesichter und Ansprechpartner vor Ort hat – das erhöht die Identifikation und kann Wähler mobilisieren.

• Es fehlen mindestens 13.400 Stimmen – war das der Grund? Natürlich kann man nicht sagen, dass dieser Fehler allein das Ergebnis gekippt hat. Aber wenn nur ein kleiner Bruchteil der Wähler durch diese Verwirrung das BSW nicht gewählt hat, hätte das möglicherweise den Unterschied gemacht.

Kernproblem: Durch den Verzicht auf Direktkandidaturen ging dem BSW wertvolle Sichtbarkeit verloren – und möglicherweise genau die Stimmen, die am Ende fehlten.

3. Unklare Kommunikation und strategische Fehler

Das BSW hatte von Anfang an Schwierigkeiten, sein Profil klar zu kommunizieren. Es wollte Protestwähler ansprechen, aber gleichzeitig klare Abgrenzung zur Rechten halten – was natürlich richtig ist, aber dennoch viele Wähler verwirrt haben könnte.

• Unklare Abgrenzung: Was ist das BSW genau? Eine linke Partei? Oder gar eine rechte Partei, wie ja nicht selten behauptet wurde? Eine wirtschaftlich vernünftige, soziale Kraft? Eine Protestpartei? Oder eine Mischung aus allem?

• Verwechslungsgefahr mit anderen Parteien: Ein Problem, das aus der BSW-Führung selbst angesprochen wurde, ist die Tatsache, dass einige Wähler das BSW möglicherweise mit Bündnis Deutschland verwechselt haben.

• Wähler wurden nicht gut genug aufgeklärt: Viele Menschen haben das komplizierte Wahlsystem nicht genau verstanden – und wenn das BSW nicht prominent genug vertreten war, könnte das dazu geführt haben, dass potenzielle Unterstützer nicht sicher waren, ob ihre Stimme wirklich zählt.

Kernproblem: Das BSW hat es nicht geschafft, sein eigenes Profil und seine Wahlstrategie einfach und verständlich an die Wähler zu vermitteln.

4. Restriktive Mitgliederaufnahme

Ein weiterer Punkt, der aktuell kaum diskutiert wurde, ist die restriktive Aufnahme neuer Mitglieder. Zwar war es verständlich, dass das BSW verhindern wollte, von radikalen oder unpassenden Elementen unterwandert zu werden. Doch in der Praxis führte diese Haltung nicht selten dazu, dass engagierte Sympathisanten enttäuscht absprangen, statt aktiv für die Partei zu werben. Damit verlor das BSW nicht nur potenzielle Unterstützer, sondern auch die Gelegenheit, durch deren Umfeld zusätzliche Stimmen zu mobilisieren – Stimmen, die letztlich möglicherweise für die entscheidenden Prozente gefehlt haben.

Kernproblem: Die restriktive Mitgliederaufnahme hat engagierte Sympathisanten abgeschreckt und somit wertvolles Mobilisierungspotenzial verschenkt, das möglicherweise entscheidend für das Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde gewesen wäre.

5. Kaderpolitik

Ein weiterer Aspekt, der zumindest in Mecklenburg-Vorpommern für Kritik sorgte, war die Kaderpolitik des BSW. Obwohl die Partei im Westen Deutschlands oft als ostdeutsche Partei wahrgenommen wird, setzte sie im Osten Spitzenpersonal von außen ein. Sicher spricht persönlich nichts gegen Friedrich Straetmanns oder Melandie Dango – doch ähnlich wie Eltern ihr Kind lieber von der eigenen Mutter als von Erziehern oder Pädagogen großziehen lassen würden, bevorzugen viele Wähler Kandidaten, die fest in ihrer eigenen Region verwurzelt sind. Ähnlich wie im Fußball, wo Vereine, die zu viele Legionäre aufstellen, schnell die Identifikation ihrer Fans verlieren, könnte das Aufstellen von Spitzenpersonal aus anderen Regionen in Mecklenburg-Vorpommern Unterstützer irritiert und enttäuscht haben – was letztlich entscheidende Stimmen gekostet haben könnte.

Kernproblem: Durch den Einsatz von externem Spitzenpersonal entstand bei einigen Unterstützern und Wählern unnötiger Unmut und mangelnde Identifikation mit dem BSW.

6. Koalitionenspolitik – ein Schuss ins eigene Knie

Ein entscheidender Fehler des BSW war die Koalitionspolitik. Obwohl sich die Partei ausdrücklich vom politischen Mainstream abgrenzen wollte, setzte sie auf Landesebene auf Bündnisse mit etablierten Parteien. Diese Entscheidung, insbesondere in Thüringen unter Führung von Katja Wolf, sorgte bei Unterstützern und Wählern für massive Empörung. Auf Social Media und in alternativen Medien wurde die Partei dafür heftig kritisiert. Viele empfanden es regelrecht als Verrat, dass ausgerechnet jene Partei, die eine Alternative zu den bestehenden Machtverhältnissen versprach, nun selbst den Schulterschluss mit Parteien suchte, von denen man sich eigentlich klar distanzieren wollte. Diese Fehlentscheidung kostete nicht nur Vertrauen und Glaubwürdigkeit, sondern führte auch dazu, dass zahlreiche enttäuschte Sympathisanten sich abwandten – und am Ende vermutlich mindestens jene entscheidenden Stimmen fehlten, die der Partei zum Bundestagseinzug hätten verhelfen können.

Kernproblem: Die Bereitschaft zu Koalitionen mit etablierten Parteien widersprach dem erklärten Anspruch des BSW, eine echte Alternative zu sein. Dies führte bei Unterstützern zu massivem Vertrauensverlust und Abwanderung.

7. Frieden als Kernthema

Meiner Meinung nach hat das BSW sein zentrales Alleinstellungsmerkmal – den Frieden – durch die Aufnahme weiterer Themen unnötig verwässert. Gerade dieses Kernthema unterschied die Partei am deutlichsten von den Altparteien. Alles andere war letztlich Beiwerk. Was kann eine Partei mit maximal 10 % der Stimmen auf anderen politischen Feldern schon wirklich erreichen? Stattdessen wäre es entscheidend gewesen, den Wählern zu verdeutlichen, dass der Krieg nicht etwa mit einer möglichen Wahl Donald Trumps endet – ganz im Gegenteil: Ganz NATO-Europa stellt sich nun gegen ihn, und sogar ein 700-Milliarden-Euro-Paket steht im Raum, das den Krieg in der Ukraine weiter verlängern könnte. Noch wichtiger wäre gewesen, den Bürgern klar zu erklären, dass Deutschland immer tiefer in diesen Konfliktsog hineingezogen wird – sei es durch Taurus-Lieferungen oder sogar durch eigene Truppenkontingente. Gerade in einer solch brenzligen Situation braucht es eine Partei, die sich kompromisslos und eindeutig für den Frieden einsetzt.

Themen wie Migration hingegen waren erklärungsbedürftig. Wer darauf besonderen Wert legt, wählt ohnehin jene Parteien, die dieses Feld seit langem glaubwürdig besetzen und deutlich höhere Wahlergebnisse erzielen. Gleichzeitig kostete genau diese Schwerpunktsetzung das BSW wichtige Stimmen und brachte ihm zusätzlich den Vorwurf des Populismus ein.

Es war daher ein strategischer Fehler, andere Themen gleichwertig auf die politische Agenda zu setzen. Viele Menschen wählen strategisch – und für diese Wähler wäre es entscheidend gewesen, das BSW eindeutig und kompromisslos als DIE Friedenspartei wahrzunehmen. Stattdessen sah sich das BSW, insbesondere vor dem Hintergrund von Annalena Baerbocks kürzlicher Warnung vor einem möglichen russischen Einmarsch in Brandenburg, unnötigerweise dem Verdacht ausgesetzt, indirekt russische Interessen zu unterstützen.

Kernproblem: Das BSW hat sein wichtigstes Alleinstellungsmerkmal – den Frieden – nicht klar genug fokussiert, sondern durch erklärungsbedürftige Nebenthemen verwässert. So verlor die Partei wichtige strategische Wähler, die auf eindeutige Friedenspositionen setzten.

Fazit: Das BSW steht an einem Scheideweg

Die Bundestagswahl 2025 war für das BSW eine schwere Niederlage. Der knappe Verfehlung der Fünf-Prozent-Hürde zeigt, dass das Potenzial da war, aber nicht ausreichend genutzt wurde. Gleichzeitig hat die Wahl aber gezeigt, dass das BSW aktuell nicht stabil und klar genug aufgestellt ist, um sich dauerhaft im politischen Spektrum zu etablieren.

Die fehlenden 13.400 Stimmen – wo sind sie geblieben?
• Hohe Motivation, aber interner Frust: etwa 1.500 Stimmen
• Fehlende Direktkandidaten: ca. 2.000 Stimmen
• Unklare Kommunikation: ca. 1.500 Stimmen
• Restriktive Mitgliederaufnahme: ca. 2.000 Stimmen
• Unglückliche Kaderpolitik: ca. 500 Stimmen
• Umstrittene Koalitionspolitik: ca. 3.000 Stimmen
• Verwässerung des Friedensthemas: ca. 3.000 Stimmen

Natürlich sind diese Zahlen symbolisch und nicht im Geringsten belegt. Bei einigen Punkten könnten es weniger, bei anderen aber noch viel größere Stimmverluste gewesen sein. Die rein fiktiven Zahlen sollen lediglich verdeutlichen, wie leicht vermeidbare Fehlentscheidungen – jede für sich betrachtet geringfügig – am Ende eine bittere Niederlage verursachen können.

Doch eines ist klar: Die Basis war und ist trotzdem stark. Die Partei hat Menschen mobilisiert, die bereit waren, unglaublich viel Zeit zu investieren. Die Frage ist nun, ob die Partei aus den Fehlern lernt oder ob sich Frust und Enttäuschung weiter aufbauen.

Wie es weitergeht, wird sich in den kommenden Monaten entscheiden. Gelingt keine grundlegende Reform, droht die Partei in der Bedeutungslosigkeit zu versinken – und viele engagierte Unterstützer könnten verloren gehen. Sollte das BSW jedoch aus seinen Fehlern lernen, seine Kommunikationsstrategie verbessern und künftig strategische Fehlentscheidungen vermeiden, besteht nach wie vor die Chance, sich dauerhaft als starke politische Alternative zu etablieren.

Thomas Lange, übernommen aus FB

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