(Ich habe die hier ursprünglich geposteten drei Beiträge vorerst in mein Mitglieder-Blog verschoben, weil die darin ausgesprochenen Thesen den Sachverhalt noch nicht hinreichend erfassen: viewtopic.php?p=1524#p1524 )
Das Corona-Problem, so wie ich es sehe, ist eines, das die Gesellschaft mit ihrer Wissenschaft hat, und insofern Wissenschaft eben auch ein gesellschaftlich-arbeitsteilig betriebenes Unternehmen ist (Teil der gesamten gesellschaftlichen Tätigkeit), ein Problem der Wissenschaft mit sich selbst.
Das Problem zeigt sich überall, wo Überprüfung von Forschungsresultaten nicht mehr einfach dadurch möglich ist, dass darauf beruhende Techniken zuverlässig zweckdienlich funktionieren (und auf die weise die zugrundeliegende Wissenschaft "überprüft" wird), sondern wo stattdessen das ermittelte Wissen nur noch Prognosen zulässt, deren Geltung vollständig von ihrer Begründung abhängt.
Es gibt derzeit kaum noch ein politisch kontroverses Thema, das nicht mit solchen Prognosen (Prognosen, was geschehen wird, wenn wir nichts tun, oder weiter handeln wie bisher) zusammenhängt. Die Corona-Episode enthüllt einmal mehr die Hilflosigkeit "der Gesellschaft", über solche Prognosen Konsens herzustellen: Sie hat kein Format dafür.
Das ist nun eine historische, eine epochale Grenze im Herstellen der "Gesellschaftlichkeit" von Wissen.
Aber es zeigt sich eine noch ganz andre Grenze - die beim Zusammenführen von irgendwo erarbeiteten Wissen selbst. Es ist eigentlich garkein richtiges Wissen mehr. Virologie für sich genommen ist praktisch kaum verwertbar; erst durch wüste, gewaltsame Übergriffe in ganz andere Wissensbereiche haben Virologen sich eine Deutungshoheit verschafft: Ohne wirklichen Rückgriff auf klinische Daten (was findet ihr Test wo in der Schleimhaut?) und ohne Berücksichtigung immunologischen Wissens (nur Antikörper sind beweisend für durchgemachte Infektion?) erschaffen sie Krankheitseinheiten, lassen mit den so ermittelten "Daten" und höchst fragwürdigen weiteren Voraussetzungen Modelle rechnen (möglichst von Physikern, die die Mathematik beherrschen, aber nichts von Immunologie und Klinik verstehen), und kreieren dann auch noch mit ihren Mitteln Therapien (Impfung) - alles aus einer Hand, das aber um den Preis einer Gewaltsamkeit gegen den (physiologischen) Stoff, die nur Fach-fremden, Technik-affinen Betrachtern nicht auffällt, die stattdessen das robust-technologisch Vereinfachte der Konstruktion schätzen, die Hervorhebung des aus ihrer Sicht Wesentlichen (DAS VIRUS, DIE MASSNAHMEN, DIE IMPFUNG), bei Vernachlässigung der Luftwiderstände gewissermassen (von zB etwas so Windigem wie "immunsystem"), weil es ihrem Theoriestil und Erkenntnisziel (Verfügung, Kontrolle) zu entsprechen scheint. Die andern Fachvertreter, deren Inhalte übergangen wurden, hüllen sich hingegen in Schweigen; sofern sie öffentlich in Erscheinung treten, ist ihr Erscheinungsbild ein jämmerliches: Den Gewissheiten, die sich die Öffentlichkeit anhand der Virologen-Forschheit erarbeitet hat, haben diese Zweifler scheinbar nur haltlose Nörgeleien und trübe Alternativ-Möglichkeiten entgegenzusetzen. Eine Unendlichkeit an Forschung (die grundsätzlich nicht erschwinglich ist) wäre notwendig, um diese Kontroversen auszutragen. Alle Vergleiche mit Grippewellen der Vergangenheit hinken natürlich, wel niemand diese Wellen mit gleicher Akribie erforscht hat wie die "Pandemie". Genauer, ist dieses Unterlassen von Forschung auch der Einsicht geschuldet, über gewisse Globalparameter wie Übersterblichkeit und stichproben-artige Verlaufsbeobachtung hinaus kene seriösen Aussagen machen zu können: Der Begriff "infiziert" ist bei infektiösen Atemwegserkrankungen nun mal nicht definierbar, nicht so wie bei Ebola, wo infiziert gleichbedeutend ist mit todkrank. Und entsprechend lässt sich auf seriöse Weise auch kein Begriff einer Infizierten-Sterblichkeit oder einer Dunkelziffer bilden. Aber all das massen sich nun Virologen an zu wissen; kein Epidemiologe hat die Untersuchung in Gangelt angeleitet, sondern der Laborwissenschaftler Streeck mit seinen Tests (die Eindeutigkeit suggerieren: Infiziert - ja/nein; immun? - ja/nein).
Die Bhakdis und Wodargs sehen darum so erbärmlich aus, weil ihre Wissenschaften (Immunologie, klinische Medizin, in dem Fall Pneumologe, Infektiologie usw) die Schlankheitt und Schnittigkeit nicht aufweist, die das Virologen-Paradigma auszeichnet. Aber der Erfolg der verkaufstüchtigen, weil biotechnologisch-verwertbare Erkenntnisse anbietenden Virologen, und der Misserfolg aller andern, betrifft ja nur ihre Stellung im Markt der öffentlichen Aufmerksamkeit. Die eigentliche Tragödie wird da garnicht bemerkt: Die Wissenschaftler reden am ehesten noch via öffentliche Auftritte miteinander, reagieren aufeinander; qua Wissenschaft tun sie es jedenfalls nicht. Nirgendwo ist das Format zu sehen, in dem die Resultate der einen mit denen anderer Fachrichtungen abgestimmt werden. Da könnte man leicht zwei, drei Interdisziplinariäts-Wissenschafts-Ebenen über die existierende legen, mit nochmal soviel Personal und Ausbildungsinstanzen und Forschungsetats, und käme nicht so bald an ein Ende.
So wie man zum Zweck der Überprüfung, Zusammenführung und Planung der Forschung auch nur eines Fachs gleich zwei, drei weitere solche Garnituren an Fach-Abteilungen einrichten könnte - tatsächlich werden die betreffenden Aufgaben von den Fachvertretern im Nebenberuf, in ihrer Freizeit erledigt.
Was immer diese Wissenschaft jenseits ihrer technologischen Kernkompetenz noch erarbeitet - WISSEN ist es nicht. Und das gilt eben in ihrem Umgang mit allem Lebendigen, vor allem da, wo sie versucht, den Anschein technischer Verwertbarkeit zu erzeugen. Es gelingt ihr gerade mal da, wo die BioCHEMIE Fetzen von Biomolekülen in ihren Laboren auffängt und deren CHEMISCHE Eigenschaften analysiert. Ein Agrarwissenschafts-Student bekommt daher in einem Lehrbuch über "Pflanzenernährung" in zig Kapiteln beigebracht, welches Enzym welchen Stoffwechselschritt katalysiert, und mit welchen Spurenelementen es zusammenarbeitet - die müssen daher in den Boden. Der Weg von auf dem Feld eingebrachten Dünger zum Enzym irgendwo in einem Blatt ist weniger klar. Der ist im Labor auch nicht so gut darstellbar. Was das Mikrobiom in Säugetier-Därmen mit zugeführter Nahrung anstellt, ist vollends unerforschbar. Grade mal, dass man die beteiligten Bakterienarten bestimmen, oder eher: zählen kann, wenn es gut läuft. In einem Einzelfall. (Die Wissenschaft verkämpft sich auch noch an anden Fronten, am unendlich Fernen, Kleinen, Geophysikalisch- und Technisch-Komplexen... an denen sie ähnlich heroisch ihr technologisches Kontrollmotiv geltend zu machen versucht. An all diesen Horizonten gilt: Das leicht Erforschbare ist bekannt; was nun ansteht, erfordert um Grössenordnungen höhereb Aufwand. Diese, die wirkliche Grenze der modernen Wissenschaft, ist hier freilichnicht mein Thema - hier gehts mir nur um den ausbleibenden Dialog, die fehlende Organisation innerhalb der noch möglichen Wissenschaft...)
Aber was weiss die Gesellschaft - die Politik; die Öffentlichkeit; die Medien; das Publikum - schon von ihrer Wissenschaft? Was weiss denn der Einzel-Wissenschaftler von dem, was die Kollegen im anderen Fach so treiben - wieviel bekommt er auch nur von den Vertretern des eigenen Fachs mit?
Nun ja. Die Gesellschaft weiss ja auch sonst kaum etwas von sich...