Aufklärung, Kommunikation und MedienTomas Strobel: Sahra Wagenknecht, quo vadis?


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willi uebelherr
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Re: Tomas Strobel: Sahra Wagenknecht, quo vadis?

Beitrag von willi uebelherr »

meine 5. antwort an Tomas

Tomas Strobel, gut, du machst weiter, ich gehe mit.

zu 1) - 3) habe ich eine andere definition. Ich will es nochmal hier zuerst darlegen. Die -Ismen sind philosophische Kategorien und beziehen sich auf den raum unseres Denkens, auf unsere Wertsysteme, was ich als unsere Ideologie bezeichne. Also dem, was in unserem Denken dominiert und es gestaltet.

Egoismus - das Mein, Mir steht im Vordergrund
Kapitalismus - eine Auspraegung des Egoismus, die sich auf die private Akkumulation von abstraktem Vermoegen in Geld-/Kapital-form konzentriert
Sozialismus - die soziale Frage fuer Alle steht im Vordergrund
Kommunismus - die Gemeinschaften stehen im Vordergrund (commun)
Anarchismus - die herrschaftsfreiheit von Menschen ueber Menschen steht im Vordergrund

Geld ist ein abstraktes wertaequivalent. Es dient auch zur Konstruktion von Schuldknechtschaft, wenn es privat organisiert wird. Geldsysteme, die privat organisiert werden, wie wir es bisher sehen koennen, dienen der privaten Geld-Akkumulation, die sich dann in Kapital-akkumulation erweitern kann, wenn produktive Wert-Formen dazu kommen.

Geld an sich hat keine bestimmte Konstruktionsform. Es agiert nur als Wert-Aequivalenz. Wenn wir dafuer unsere Zeit nehmen, die wir zur herstellung von etwas einbringen, dann existiert eine klare Referenz.

Wenn es privat organisiert wird, dann darf diese objektive Referenz nicht mehr existieren, sondern muss der Spekulation weichen. Zu Beginn des Austausches mit Wert-Aequivalenten war diese Referenz noch erhalten. Erst durch Privatisierung des Geldsystems, was dann eine Monopolisierung der Schoepfung und Generierung der Wert-Aequivalente notwendig machte, war es moeglich, die gewuenschten Akkumulationsformen zu kreieren. Das Ziel war die Schuldknechtschaft ueber Zins und Zinseszins.

Generell koennen wir immer ein geldsystem verwenden, wenn wir es gemeinsam in der jeweiligen Region demokratisch organisieren. Das wichtigste dabei ist die bestimmung der Wert-Referenz. Fuer uns hiesse es, die noch bestehenden lebenskosten in der jeweiligen geldform dafuer zu verwenden, um dem Wert des Geldes eine reale grundlage zu verschaffen. Die einzige objektive grundlage hierfuer ist unsere Zeit zur Herstellung unserer allgemeinen Lebensmittel. Also kein Edelmetall, das dann einen kuenstlich erzeugten mangel erzwingt. Edelmetalle haben den Wert als Zeitmenge, die wir zu seiner Erzeugung benoetigen.

Wenn nun das privatisierte Geldsystem sich in alle Austauschformen zwischen schaltet, und dieses geld keine objektive Wertreferenz hat, sondern nur die Spekulation, wie wir es bei der Tulpenkrise von Holland im 16. Jahrhundert sehen koennen, wo dann Tulpenzwiebel einen spekulativen Werttraeger darstellten, so wie es heute Aktienpapiere sind, dann ist die Moeglichkeit gegeben, beliebigst bei jedem Austauschprozess einen Anteil abzutrennen.

Jede Akkumulationsform fuehrt notwendig zu Reserven, die die Moeglichkeit schaffen, das geschehen bestimmen zu koennen. Und es braucht die Zentralisierung, um es dominant werden zu lassen. Bei der Akkumulation von elektrischer Energie ist es positiv der versuch, Unstetigkeiten durch Pufferung (Reserven) auszugleichen. Die Kontrolle ueber dieses wichtige Lebensmittel entsteht ueber die Zentralisierung, die gemaess der Ideologie der Akteure privatisiert werden muss.

Auch wir brauchen immer die Reserven (Redundanz) fuer Systemstabilitaet. Und konsequent wegen unserer geografischen Verteilung organisieren wir dies dezentral. Beim Geld als ein Austauschaequivalent auf der Basis der Zeit brauchen wir keine reserven, weil Zeit steht uns unser ganzes Leben zur Verfuegung. Und gemeinschaftlich sind wir immer in der lage, im vorhinein Geld zur verfuegung zu stellen, wenn es dazu dient und helfen kann, reale Werte entstehen zu lassen, was unsere Zeit aufnimmt.

Aber damit entfaellt die private Kontrolle und Definitionsmacht. Deswegen ist die Aussage, es geht nicht um das Geld, erstmal wertlos, wenn wir nicht die realen Bedingungen benennen koennen.

Wir sehen auch heute, dass sich alles um die private Geld-Akkumulation dreht und alles politische diesem Wirken unterworfen wird. Das geht aber nur, wenn wir die notwendige Monopolisierung und Zentralisierung im geldsystem erhalten. In dem Augenblick, wenn regionale produktive Akteure fuer die Vereinfachung ihrer Austauschprozesse regionale Komplemantaerwaehrungen verwenden, sind sofort die parasitaeren Ueberbauten aus dem Spiel.

Damit ist auch die Perspektive fuer die FED, wie David Rockefeller es 10 jahre spaeter beschrieb ("Wenn wir das Geldsystem kontrollieren, ist es uns egal, wer Praesident ist"), hinfaellig.

Die basis fuer uns ist dabei immer die oekonomische Unabhaengigkeit, die fuer uns nur ueber die Selbstorganisation entstehen kann.

In welchen politischen Gestaltungsformen wir agieren, ist dabei nebensaechlich. Sie entstehen aus unseren Anforderungen, stabile materielle Lebensgrundlagen fuer Alle herzustellen und werden so auch von unseren philosophischen Grundlagen bestimmt. Das ist aber dann immer eine Entscheidung im lokalen und lokal-regionalen. Grosse Regionen sind Netzwerke der kleinen Regionen, die selbst wieder Netzwerke des Lokalen sind. Damit sind alle Netzwerke des Regionalen immer Netzwerke des Lokalen, ohne dabei statische Konstrukte entstehen zu lassen.

".. das Gute des machbaren und notwendigen ersten Schritts mit dem Besseren der Utopie zu erschlagen ..". Ohne Perspektiven und Visionen sind wir orientierungslos. Und Utopien brauchen wir nicht, weil sie uns die realisierungsmoeglichkeiten rauben sollen.

Deine "machbaren und notwendigen ersten Schritte" sind nur Aufwaermung des Alten, schon etwas abgekuehlten. Es ist der stetige versuch, die Sicht zu den Alternativen zu versperren.


HCGuth
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Die wirklichen Gegensätze werden nicht aufgearbeitet

Beitrag von HCGuth »

Das Eigenartige an der Debatte ist, dass beide Beteiligte, Willi, Tomas, meinen, sie ernsthaft führen zu können, ohne sich über den eigentlich kontroversen Gegenstand verständigt zu haben: Wie soll produziert werden? Tomas wischt Willis Regional-Ansatz umstandslos weg, redet aber weiter, als wären Willis Anarchismen davon abtrennbar; Willi wiederum führt die regionale Autarkie usw ein, als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt ("unvermittelt"), und nur ein untergeordnetes Moment seiner egalitären Vergesellschaftungsidee.
Zwischen dem Ausgangszustand, den Tomas meint einzig mit einem veränderten Produktionsverhältnis organisieren zu können, sodass alles gut wird, und Willis regional-basiert subsidiär-globaler Neu-Aufstellung stehen locker zwei bis drei Generationen "Keimform"-Aufbau-Arbeit. Vorher geht beides nicht: das eine nicht noch; das andre nicht schon. Stattdessen wird sich der Status quo schlecht und recht, quälend, endlos hinziehen.

Was Tomas ud Willi beide uns nicht sagen können, ist: Wie es eigentlich überhaupt weitergehen soll. Beider Voerschläge liegt eine letztlich statische, hinsichtlich weiteren Fortschreitens unbestimmte Idee des Verhältnisses zu Welt und Wissen zugrunde (Willis "Gesetze der Natur" sind ein BISSCHEN zu abstrakt, um bereits eine Antwort darzustellen...). Das ist aber genau so seit langem üblich unter traditionell Radikallinken; die Produktion (das eigentlich Epoche-machende Schlüsselthema) ist immer, was sich von selbst versteht - zur Not muss es sich den Anforderungen der Sozialutopie fügen. Dabei wird nichtmal im Ansatz gesehen, was dem menschen- und gesellschafts-gemässen Gedeihen wirklich im Weg stehen könnte. Was an unserer Produktionsweise ist mangelhaft? Im alten Aufstehenforum hatte ich da so ein paar "R"-Prinzipien zusammengetragen, deren jedes implizit eine Kritikformel ausdrückt an dem, was ich sonst auch die industrielle Produktionsstrategie nenne (ausgerichtet auf Effektivität und Effizienz, beides zusammen als "Poduktivität" (ein unaufhörlich auszuweitendes - wohin eigentlich? - technisches Können) bislang einzig vorstellbarer Zweck der bisher umgesetzten modern-wissensbasierten Produktionsweisen:

REPARIEREND: die Schäden, die angerichtet wurden an Mensch und Natur, müssen unter Nutzung der produktiven Optionen, die genau unter Inkaufnahme solcher Schäden entwickelt wurden, beseitigt werden, und ab da komplett unterbleiben*).
ROBUSTHEIT: also möglichst vollständige Risiko-Vorsorge; diese ergänzt bzw vervollständigt durch
REDUNDANZ: ...als wichtigste Basis für Handlungsfähigkeit in nicht-kompensierbaren Katastrophenlagen, denen dann nur noch (zB durch Umsiedlung) ausgewichen werden kann.
REGIONALITÄT: Das mag als Oberbegriff dienen für alle zu unterlassenden Formen bedürfnis-, natur- und vergesellschaftungs-schädigender Arbeits- und vor allem Wissensteilung - zugleich ist es die Vollendung des Redundanz-Prinzips.
RESSOURCEN-SPAREN: im Kern ist das Recycling, cradle-to-cradle, was die materielle Seite angeht, Nachhaltigkeit bei erneuerbaren Naturressourcen, es geht aber auch um Humanressourcen, Lebenszeit (Marx' disposable time), die durch raffiniertes Vereinfachen freigesetzt wird; schliesslich
REPRODUKTIV-RENATURIERT: die Abläufe werden natur-ähnlich selbst-reproduzierend gemacht (das technische Automations-Ideal, auf sinnvoll kombinierte Natur-Zusammenhänge übertragen, also dorthin, wo es realisierbar ist).

Ich behaupte: Stabil koordinations-, konsens- und zugleich lernfähige Bevölkerungsgruppen, die diese Leistungen sukzessive für sich selbst, zunehmend aber auch für die Gesamtgesellschaft erbringen, stellen die gesuchte Keimform dar. Man muss sich die einzelnen Problemlösungs-Abteilungen freilich nur vor Augen halten, um zu begreifen, was da erst noch an Pionier-, Forschungs-, Entwicklungs- und Aufbauarbeit geleistet werden muss. Und es beginnt mit einer Landwirtschaft, die den Namen "biologisch" erstmals wirklich verdienen würde (wir haben keine solche).

Durch die leistungsfähigen inneren Abstimmungs-Prozeduren werden diese Gruppen zugleich Keimformen einer neuen, zivilgesellschaftlichen Organisation der Restgesellschaft. Die Transformation ist nie destruktiv ("Staat und Kapital abschaffen"), sondern erfolgt durch sukzessive Übernahme von Aufgaben durch die Träger der neuen Epochen-Orientierung, da, wo die Problemlösefähigkeit der etablierten Gesellschaftsteile nicht mehr hinreicht. Und diese Aufgaben werden sich vervielfältigen.

Die erste Aufgabe, die die Keimform-Gemeinschaften zu lösen haben, nachdem sie sich eine feste und robust funktionierende Lebensform ausserhalb von Markt- und Versorgungs-Abhängigkeiten geschaffen haben, ist eine Bildungsaufgabe: Sie müssen sich, durch Verständigung mit den ihnen nächststehenden unter den noch nicht angeschlossenen Bevölkerungsgruppen, sukzessive ein begrifflich geordnetes Verständnis der Verhältnisse in ihrer sozialen Umgebung verschaffen. Dabei werden ihnen mit den immer neu hinzukommenden Personen zugleich erhebliche Mittel und Kenntnisse zufliessen. Da gilt: "Nichts ist mächtiger als eine Lösung, deren Problem gekommen ist" - so könnte man in Paraphrase von Marx' bekanntem Spruch (bei ihm: ... als eine Idee, deren Zeit gekommen ist) sagen.

Die Lebensform, die durch diese (Bevölkerungs)Gruppe verkörpert wird, braucht keine Namen, und wird nach aussen nicht als homogene Gruppenidentität auftreten. Ebenso wenig werden die Gruppenmitglieder sich absondern und für sich bleiben, stattdessen in ihre Umgebung hineinwirken und eng mit ihr verwachsen - so eng, dass sie nicht ab- oder ausgegrenzt werden können. Die innere Kohärenz und "Identität" ergibt sich nicht durch Praktiken, Rituale, Werte, sondern durch die Art der gemeinsamen Lebenseinrichtung und vor allem eine schnelle und egalitär im Konsens bewältigbare Form der Erfahrungs- (Nachrichten-, Wissens-)-Verarbeitung.

Eine höchst interessante Frage ist: Personen welcher Art eigentlich in fortgeschrittenen Industriegesellschaften dazu disponiert sind, erste Schritte zum Aufbau solcher Keimform-Gruppen zu machen. Darauf gibt es erste, leider noch sehr hypothetische Antworten, für die allerdings erheblich mehr Erfahrungen als bisher vorliegen müssten, um sie zu erhärten.
----------------------------------------
*) das ist die hoffentlich letzte Phase, in der die Einführung der je neuesten Technik vor allem auch damit gerechtfetrigt wird, dass damit Folgen der zuvor eingeführten neuesten Technik bewältigt werden müssen. Resultat ist insgesamt: Rasender Stillstand.
Zuletzt geändert von HCGuth am 28.05.2020, 08:38, insgesamt 2-mal geändert.
Hans Christoph Guth


HCGuth
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Klarstellungen als Reaktion auf einen gelöschten Beitrag von Lotte

Beitrag von HCGuth »

... Es wird doch von mir zumindest angedeutet, dass der entscheidende Fortschritt in der Produktion stattfinden muss; die 6R stehen (exemplarisch) für denkbare verfeinerte Grundsätze einer Produktions-STRATEGIE, die in eine immer menschen-, natur- und vergesellschaftungs-gerechteren Produktions-ARCHITEKTUR münden soll. Das steht in Gegensatz zu einer ebensolchen Strategie und -Architektur, für die (in Gestalt von Ansätzen zu deren Behebung) mindestens sechs zentrale MÄNGEL benannt sind, und die ich mit dem Namen industrielle P.Strategie und -Architektur bezeichnen wollte: unaufhörliche Produktivitäts-, also Effektivitäts- und Effizienz-Steigerung um beinah jeden Preis: Mensch und Natur massivst geschädigt, bis an den Rand der Gefahr des Gattungstods; Einsatz von Risikotechnologien, hoch prekär zentralisiert, ohne Reserven; arbeits- und wissens-aufteilend in einem Mass, dass die Komplexität der zur Entscheidung anstehenden Aufgabenstellung durch keine irgend geartete Prozedur mehr einzuholen ist - die Vielfalt der Gesichtspunkte, relevanten Informationen, Risiken und Nebenfolgen, der Zusammenhang aller Prozesse mit allen ist für keinen Entscheider mehr zu überschauen, geschweige denn, dass im Umgang damit noch irgend vernünftiger Konsens hergestellt werden könnte: Die modern-globale Industrie und die ihr zugrundeliegende Wissenschaft in ihrer unaufhörlichen Expansionsbewegung ist nicht mehr rational steuerbar.
Reproduktive und natur-analoge Produktionsarchitekturen sind zentrale Bestandteile raffinierter, und in der Tat anspruchsvoll technologisch-wissenschaftlich informierter VEREINFACHUNGS-Strategien.
Im alten Aufstehenforum hatte ich noch einen, für meine Position zentralen Gedanken geäussert: Die fundamentalste Auseinandersetzung, die in diesem Jahrhundert geführt werden wird, wird sich um die Frage drehen, welche Art Fortschrittsmodell...
- technizistisch-naturverdrängend,
- ökomodernistischer Rückzug in Technik-Metropolen
- Stagnation und/oder
- degrowth bis auf ein definiertes Reproduktionsniveau der Vergangenheit;
- Radikalökologie
...die Weltgesellschaft wählen soll. Bei DIESEN Themen wären die Religionsvergleiche eher am Platz gewesen: die Art und Weise, wie zeitgenössische Gesellschaften sich zum Fortschritt ihrer Wissenschaft und Technologie stellen, dem Projekt der Moderne, kann nur als religiös-gläubige begriffen werden; ein Begriff, nebenbei, den die Betroffenen selbst natürlich nicht ausbilden. Weshalb auch niemand bis heute sich so richtig Rechenschaft gibt davon, was eben dies bedeutet: sich "religiös" zu etwas stellen, oder gar nur geglaubte Inhalte für zT berechtigterweise Erwartbares halten (vgl hierzu den Text in meinem Mitgliederblog zu libertären Mentalitäten). Die Standpunkte freilich, die da aufeinandertreffen, mögen noch so ideologisch-konfessionell verbohrt sein - am Ende wird sich das (zwangfrei, überzeugend) durchsetzen, was die sich immer heftiger aufdrängenden Probleme und Katastrophen erfolgreich zu bewältigen erlaubt. Das Produktionsverhältnis, das zu dieser Problemlösung gehört, ist nicht frei wählbar, sondern es wird durch sie erzwungen. Und es wird libertärer Kollektivismus sein.
Zuletzt geändert von HCGuth am 29.05.2020, 10:07, insgesamt 2-mal geändert.
Hans Christoph Guth


HCGuth
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Weitere Klarstellung nach Lottes gelöschtem Beitrag

Beitrag von HCGuth »

Bei mir ist doch nur der Grundgedanke wichtig: Politische, Produktionsverhältnisse sind erzwungen durch Koordinations- und Konsensstiftungs-Anforderungen der materiellen Produktion. Welche könnten das sein, welche Aufgaben stehen auf der "Produktivkraft"-Ebene an? SO sollte gefragt werden, sage ich, und DAS wiederum wurde illustriert, und zu Willis und Tomas' Beiträgen ins Verhältnis gesetzt.

Zeitdimension hatte ich angegeben: Drei Generationen bis zum Durchbruch. Konsolidierung dann nochmal sechs weitere. Zusammen ca 300 Jahre. Eine Epoche eben.
Zuletzt geändert von HCGuth am 29.05.2020, 10:08, insgesamt 4-mal geändert.
Hans Christoph Guth


HCGuth
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((antwort auf lottes gelöschten beitrag))

Beitrag von HCGuth »

kwt
Zuletzt geändert von HCGuth am 29.05.2020, 10:02, insgesamt 2-mal geändert.
Hans Christoph Guth


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willi uebelherr
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Re: Tomas Strobel: Sahra Wagenknecht, quo vadis?

Beitrag von willi uebelherr »

Gut, liebe freunde, ich werde mich jetzt etwas einmischen.

Lieber Hans ([mention]HCGuth[/mention]), ich fand deinen beitrag sehr gut.
Liebe [mention]Lotte[/mention], du zerfledderst das thema.

Ja, zu den Keimformen des Neuen stehe auch ich, weise aber daraufhin, dass die leute von "Keimform" mich nicht mehr interessieren. Nur mit Franz Nahrada stehe ich noch im kontakt und wir streiten uns oft.

Ich selbst sehe die probleme nicht so sehr in der frage der herstellungsprozesse. Da existiert eine klare referenz, eben die Gesetze der Natur, wir haben klare Ziele, die Stabilitaet der materiellen Lebensgrundlagen fuer Alle, erweitert mit "In Harmonie mit der Natur", und als hoch-lernfaehige Wesen sind wir auch in der lage, das uns noch unbekannte uns bekannt zu machen.

Viel schwieriger ist die ueberwindung unseres Egoismus, die Erweiterung unseres Ichs als sich selbst wert und der individuelle uebergang zum Communismus, zum Gemeinsamen. Aus diesem Dickicht kommen uns wohl die Barrieren entgegen, von denen du, Hans, wohl sprichst. Und diese sehe ich auch, auch, sofern du sie auch so siehst.

Ich weiss, dass ich den fragen der herstellungsprozessen naeher stehe wie du, weil mein ganzes leben davon gepraegt war. Und ich bin auch nie davor zurueckgeschreckt, systematisch die Herstellungsablaeufe mit den Moeglichkeiten der Prozesstechnologie zu verbinden. Unabhaengig davon, ob dadurch menschlicher Arbeitseinsatz dafuer ueberfluessig wird, weil die menschen in den industriellen Umgebungen nur als billige TransportarbeiterInnen vernutzt werden.

Ich halte auch nicht an sinnlosen "Arbeitsplaetzen"fest und verdamme das "Recht auf Arbeit". Wir sollten alles tun, um dieses zwanghafte verhaeltnis zur Arbeit aufzuloesen und es als einer Form der schoepferischen und kreativen Taetigkeit uns eroeffnen.

Insofern, lieber Hans, stimme ich dir sehr zu zu deinen hinweisen, die aber leider nur in Andeutungen schlummern.

Diese debatte mit Tomas, der meines wissens nie konstruktiv gearbeitet hat, spitzte sich zu auf die privaten Geld- und Finanz-Systeme. Klar, ich habe daran auch mitgewirkt, weil es fuer mich ein entscheidender punkt ist, ob wir uns von den bestehenden Dogmen befreien koennen.

So geht es letztlich um den parasitaeren politischen Ueberbau und dabei darum, ob wir uns selbst aus seinen Netzen befreien wollen. Tomas will es nicht, wie ich es sehe. Und wir hier im DebattenRaum?


HCGuth
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Wechselverhältnis zwischen Produktions-Aufgaben-Lösungen und deren arbeitsteiliger Organisation

Beitrag von HCGuth »

Dies Wechselverhältnis (früher gern auch etwas überkandidelt: "dialektisch" genannt) macht, dass ein Aufbau stufenweise stattfinden muss, und nicht als EIN ruckartiger Übergang namens "Revolution".
Es besagt zum andern, dass in diesem Aufbau nicht einfach von vorhandenen Produktionsweisen ausgegangen werden kann. Stattdessen muss jede technische Neu-Entwicklung mit der Lebensweise (Lebensführung, Lebensentwurf) und Kooperationsweise (gesellschaftliche Lebensform) ihrer Nutzer (vor allem als "produktive Konsumenten") abgestimmt, und alles passend gemacht werden - bevor die nächste Ausbau-Stufe in Angriff genommen wird.
In meinem ersten Text oben habe ich - allerdings extrem verkürzt - angedeutet, dass die neu zu entwickelnde Lebensform nicht nur ihre Reproduktion auf eigene (biologische) Füsse stellen muss - und dabei deren koordiniert-arbeitsteilige Umsetzung im zwangfreien Konsens beherrschen muss - , sie muss auch ihr Verhältnis zu Aussenstehenden begreifen und handhaben lernen - NEBEN ihrer materiellen Reproduktionsarbeit. ((Diese historische Pionierarbeit an der Einbeziehung mehr oder weniger nahestehender, aber noch nicht in die Binnenverhältnisse eingeführter Personen kann als Vorbereitung auf eine der zentralen Gesellschaftsaufgaben der Zukunft angesehen werden, nämlich die Tradierung des erreichten, historsch fortgeschrittenen Kulturniveaus an die Nachwachsenden. Diese Aufgabe ist bis heute nicht zuverlässig gelöst; kein Wunder, da ja die eigne stellung im Verlauf der bisherigen Geschichte von niemand derzeit begriffen wird; kurz gesagt: die Geschichte wird nicht begreifen. Wie wir von "uns" ja im Grund derzeit überhaupt nichts begreifen...)).

Man muss diese Punkte nur andeutungsweise an- und aussprechen, um auf der Stelle zu bemerken, über welche unendliche Vielfalt an Anforderungen sich die alte Linke mit ihren Idealismen hinweggesetzt hat. Die echte weil radikale Linke, beginnend mit Marx, hat sich viel auf ihren Materialismus und Realismus eingebildet, es kommt aber darauf an, ihn zu praktizieren.
--------------------
Es sollte hier noch einmal klargestellt werden: dass das Nutzen oder besser: Auf- und Ausbauen biologischer Produktivität eine zentrale DIMENSION von Produktivität hinzugewinnt, und nicht auf kosten der bestehenden, der technologischen geht. Wir wählen das für unsere Lebens- und Reproduktionszwecke, in gegebnen Umgebungen, Geeignete nicht nur aus einem riesigen, historisch angehäuften Bestand an Technologien (zusammen mit passenden Abwandlungen und immer noch denkbaren Neu-Entwicklungen); sondern auch aus einer unübersehbaren Fülle biologisch reproduzierbarer Substanzen und Materialien (beginnend bei dem, was einzelne Bakteriensorten, konzentriert, leisten können). Beim biologischen Produzieren kommt freilich tendenziell die Notwendigkeit hinzu, Prozesse nicht isoliert nebeneinander (in Bio-reaktoren) ablaufen zu lassen, sondern sie in stabilen ökologischen systemen ihre Synergie-Potentiale entfalten zu lassen (und für diesen effekt uU suboptimale Lösungen in anderen Hinsichten inkaufzunehmen). Raffinierte Renaturierung (die Herstellung eines maximal artenreichen und zugleich stabilen Nutz-Organismen-Biotops: einer Kulturlandschaft, oder eines flächendekcenden Mosaiks aus solchen) ist ein Fernziel, das nicht weniger als "Automation" der Freistellung von Arbeitszwängen und de Gewinnung von freier Zeit dient. Da nur eben mit Mitteln, die "von Natur aus" sich für solche "Automatismen" um Grössenordnungen besser eignen, als technisch präparierte, kontrollierte, und am Ende kaum noch kontrollierbar zusammenwirkende.
(Die Kategorien, in denen "Lebendiges" incl uns selbst erfasst werden müsste, sind derzeit noch weniger erschlossen (wenn auch nicht GARnicht, natürlich) als die anthropologischen. Theoretisch nicht... wieviel weniger praktisch.))
Zuletzt geändert von HCGuth am 29.05.2020, 10:00, insgesamt 1-mal geändert.
Hans Christoph Guth


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Re: Tomas Strobel: Sahra Wagenknecht, quo vadis?

Beitrag von willi uebelherr »

Liebe [mention]Lotte[/mention], du agierst viel zu persoenlich. dein denkraum ist auf das reduziert, was fuer dich gerade wichtig ist. Das laesst sich mit sicherheit konstruktiv diskutieren, aber nicht in diesem thema. Ich will nich, dass du deine persoenlichen Quereleien mit Hans ([mention]HCGuth[/mention]) in einem konkreten themenfeld aufarbeitest. Macht es ausserhalb und wenn es eurer meinung nach allegemein wichtig ist, setzt ein thema dafuer aus oder organisiert es in euren blogs im DebattenRaum.


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willi uebelherr
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Re: Tomas Strobel: Sahra Wagenknecht, quo vadis?

Beitrag von willi uebelherr »

"Ich bin übrigens nicht sauer - ich bin nur gelangweilt."

Na [mention]Lotte[/mention], gelangweilt wuerde sich irgendwie anders anhoeren. Deine kritik, in dieser stuermischen form fuer mich als sehr positiv empfunden, magst du ja in vielem recht haben. Aber mir geht es um das, was in der debatte mit Tomas Strobel so argumentiert wurde. Vielleicht ist fuer dich "Aufstehen" zu weit weg, um ernst genommen zu werden. Haette ich diese haltung, dann haette ich diese debatte nicht getriggert und sie auch nicht im DebattenRaum vorgelegt. Und das musst du einfach akzeptieren, auch wenn es dir schwer faellt.

Ich bin nicht mal sicher, ob du alle 12 beitraege dazu gelesen hast.
Zuletzt geändert von willi uebelherr am 29.05.2020, 00:05, insgesamt 1-mal geändert.


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Re: Tomas Strobel: Sahra Wagenknecht, quo vadis?

Beitrag von willi uebelherr »

"Wechselverhältnis zwischen Produktion .. und Arbeitsteilung"

Lieber Hans ([mention]HCGuth[/mention]), damit muessen wir sehr vorsichtig sein und genau hinsehen, was wir damit meinen.

Zunaechst ein "Volkes Spruch":
:Wir wachsen mit unseren Anforderungen, solange sie uns nicht erdruecken."

Der ausgangspunkt fuer mich ist, dass alle Menschen die gleichen Potentiale haben, aber ihre Biografien hoch unterschiedlich ihre Entfaltung ermoeglichen. Ich weiss, dass das jetzt sehr vereinfacht ist, aber es dient mir als Orientierung.

Und dass unterschiedliche thematischen Bereiche unterschiedliche Vorbereitungen erfordern.

Ganz etwas anderes ist es, wenn wir die "Arbeitsteilung" in die Personen verlagern, was mit der Trennung von Hand- und Kopfarbeit geschieht. Ausser der Tatsache, dass jede Taetigkeit von uns eine sowohl theoretische als auch praktische Vorbereitung benoetigt, weise ich eine Teilung vom theoretischen zum praktischen streng zurueck.

So bleibt eine Arbeitsteilung ueber verschiedene thematische bereiche uebrig wie Landwirtschaft, Telekommunikation, Wasser, thermische und elktrische Energie, materielle Transportsysteme (immateriell ist das TelKoSystem), die beiden thermischen Huellen (Bekleidung und Haus) usw. Und selbst in jedem thematischen bereich kann wieder eine teilung in verschiedene Schwerpunkte entstehen. Und aus jedem teilbereich heraus kann sich ein thematisches netz der Akteure herausbilden, das auch regional und global sich ausbilden kann.

Mir geht es hier mehr darum, dass wir unserem historisch tradierten Hintergrund bewusst werden, wenn wir von arbeitsteilig oder Arbeitsteilung sprechen. In jeder Gemeinde, und sei sie sonst wie klein, wird sich dies ganz natuerlich herausbilden. Nicht getrieben aus unseren Kopfgeburten, sondern immanent in den Anforderungen enthalten.

Unsere gewuenschten Lebensformen koennen unsere Taetigkeitsweise veraendern als auch unsere Taetigkeitsweise unsere Lebensformen. Das eine ist ohne dem anderen nicht denkbar. Insofern koennen wir hier durchaus von Dialektik sprechen. Es trifft.

Ich denke, dass du in Bezug auf "biologische Produktivität" zu weit voraus greifst und nicht akzeptieren willst, dass das nur in Schritten erreicht werden kann, wo auf jedem niveau eine Stabilitaet entstehen muss, um neuer Ausgangspunkt sein zu koennen. Entwicklungen allgemein verlaufen nicht fluessig oder fliessend, sondern in treppenform mit spruengen.

Das wir heute unser Potential nicht ausschoepfen koennen, da gebe ich dir recht. Trotzdem wird auch in befreiten gebieten der Entwicklungsverlauf nicht frei sein, sondern bleibt immer den Gesetzen der Natur und unserem Verstaendnis dessen unterworfen.

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